Veranstaltung: | 54. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | Fachforum Ökologie (dort beschlossen am: 09.10.2020) |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
Eingereicht: | 10.10.2020, 00:53 |
V-9: Wälder für die Zukunft: klimafit und vielfältig
Antragstext
Stürme, Dürre, Insekten - all das setzt dem Wald in Deutschland zu. Mittlerweile
gibt es kaum noch Regionen, in deren Wäldern die Auswirkungen der
Klimakatastrophe nicht zu sehen sind: Aufgelichtete Kronen, Windwürfe,
Trockenschäden, Waldbrände und der Borkenkäfer sind allgegenwärtig. Um dem etwas
entgegenzusetzen, fordern wir:
- Eine deutliche Beschleunigung des Waldumbaus hin zu biodiversen,
laubholzreichen Mischwäldern. Diese sind gegenüber Störungsereignissen,
wie bspw. Stürmen und Dürren, wesentlich resilienter und resistenter.
- Mehr Holz im Wald belassen. So wird langfristig Kohlenstoff in Form von
Humus festgelegt, Feuchtigkeit besser gespeichert und unzähligen Lebewesen
ein Lebensraum geboten.
- Zur Waldbrandprävention ist eine intensive Ausbildung der freiwilligen und
Berufsfeuerwehren in Kooperation mit Ländern die Waldbranderfahrungen
haben durchzuführen. Eine europäische Vernetzung in der Ausbildung, sowie
in der Waldbrandbekämpfung ist weiter voranzubringen, um möglichst schnell
und effektiv gegen Waldbrände vorgehen zu können.
Wasser in die Wälder und nicht in die Keller!
Die Hauptursache für den Stress des Waldes ist der Wassermangel, deshalb muss so
viel Wasser wie möglich im Wald bleiben. Dort leistet es einen Beitrag für ein
intaktes Ökosystem und kühlt durch die Transpiration der Bäume den Wald, sowie
seine Umgebung herunter. Laut Prognosen über die Auswirkungen des Klimawandels
wird der Niederschlag im Sommer seltener, aber heftiger, dafür wird im Winter
voraussichtlich mehr Wasser zur Verfügung stehen. Um dieses Wasser für den Wald
und uns nutzbar zu machen muss es gespeichert werden, neben Totholz und Humus
ist hier vor allem das Grundwasser zu nennen. Damit Niederschläge es bis ins
Grundwasser schaffen, muss die Entwässerung von Wäldern durch Gräben und Wege
gestoppt werden. Insbesondere bei Starkregen wird hier Wasser schnell aus dem
Wald geführt, und sorgt so an anderer Stelle für Hochwässer. Gelangt dieses
Wasser aber ins Grundwasser, steht es dem Wald wesentlich länger zur Verfügung
und ist auch für uns als Trinkwasser nutzbar.
Wie auch in der Landwirtschaft ist in den Wäldern die Verdichtung des Bodens
durch schwere Maschinen ein zunehmendes Problem. Das verhindert die Aufnahme von
Wasser in den Boden und somit in das Grundwasser und erhöht die Gefahr für
Hochwasser. Eine nachhaltige Waldnutzung, die den Hochwasserschutz stärker
berücksichtigt, verringert daher den Einsatz schwerer Maschinen auf ein Minimum.
Für Wälder als Wasserspeicher fordern wir:
- Das Anlegen von Feuchtbiotopen und anderen geeigneten
Versickerungsmöglichkeiten.
- Ein Umbau der wasserbeinflussenden Infrastruktur von einer Ableitenden hin
zu einer Speichernden.
- Waldfläche, die bisher noch nicht befahren wurden, nicht mit schweren
Maschienen zu erschließen.
- Den Einsatz von schweren Maschinen nur aus Gründen der Arbeitssicherheit
zuzulassen. In allen andern Fällen ist, ausgenommen zum Waldschutz, auf
schwere Maschienen in den Beständen zu verzichten
Natur nicht zerschneiden - Vernetzung von Lebensräumen
Immer noch werden Lebensräume zerschnitten, oder fallen dem Flächenfraß zum
Opfer. So geht der Wert der Lebensräume für viele Arten verloren.
Wanderbewegungen und der genetische Austausch zwischen Populationen werden
erschwert oder gar verhindert. Um eine weitere Zerstückelung der Landschaft zu
verhindern und Lebensräume wieder zu vernetzen fordern wir:
- Keine weitere Zerschneidung, sondern eine Forcierung der Vernetzung von
Lebensräumen auf Landschaftsebene. Dies soll mit Querungshilfen über und
unter Straßen, aber auch der Etablierung von Trittsteinhabitaten zwischen
Wäldern und anderen Ökosystemen stattfinden.
Holz nutzen, aber sinnvoll!
Die Nutzung von Holz zur Erzeugung von Wärme oder Strom zu ernten muss auf ein
Minimum reduziert werden. Solch kurzfristige Festlegung von Kohlenstoff hilft im
Kampf gegen den Klimawandel kaum, für Wärme und Strom gibt es nachhaltigere
Alternativen. Ein viel größeres Potential liegt in der langfristigen Speicherung
von Kohlenstoff im Möbel- und Bausektor. Je hochwertiger ein Produkt und je
länger dessen Lebensdauer, desto besser fürs Klima. Folglich muss eine
Kaskadennutzung von Holzprodukten angestrebt werden. Dieses Recycling fixiert
den Kohlenstoff wesentlich länger. Zudem muss der Einsatz von kurzlebigen
Holzprodukten vermieden werden.
Unsere Forderungen für eine nachhaltige Holznutzung:
- Eine gesetzliche Verpflichtung, dass Holzprodukte, die ab 2030 erzeugt
werden, gut und einfach recyclebar sind.
- Im Bausektor sind, wo immer möglich und es der Zustand der Wälder zulässt,
Beton und Stahl durch Holz zu ersetzen, so kann die Freisetzung von CO2
verhindert werden.
- Eine gesetzlich verankerte drastische Reduzierung des Papierverbrauchs,
ausgenommen Hygienepapiere, im öffentlichen Bereich. Dokumente, Anträge
etc. sind, so es der Datenschutz zulässt, zu digitalisieren.
- Die Produktion von Holz in Agroforstsystemen in der Landwirtschaft, um den
Nutzungsdruck von Wäldern zusätzlich zu verringern.
Natürliche Waldentwicklung - Wälder als CO2-Speicher
Wälder, die aus der forstwirtschaftlichen Nutzung herausgenommen werden, können
als CO2-Senken und Lebensräume wichtige Beiträge zum Klima- und Artenschutz
leisten. Aktuell können sich ca. 2,8 % der Wälder in Deutschland ohne
Beeinflussung zu Urwäldern der Zukunft entwickeln. Bis 2020 hatte die
Bundesregierung eigentlich bereits einen Anteil von 10 % der Waldfläche in
Deutschland geplant. Wir fordern, diese Zielsetzung bis spätestens 2025
umzusetzen!
Dabei müssen öffentliche und private Wälder in den Blick genommen werden. Nach
dem Prinzip "Öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen" müssen
wirtschaftliche Verluste, die z.B. Kommunen durch die Nicht-Nutzung entstehen,
durch öffentliche Programme ausgeglichen werden. Zudem sind Kleinstprivatwälder,
deren Nutzung für die Eigentümer*innen nicht lukrativ sind, ins Auge zu fassen.
So kann mit interessierten Eigentümer*innen gegen Ausgleichszahlungen ein
Nutzungsverzicht vereinbart werden.
Der neue Wald
Ein „klimafitter“ Wald ist nur mit einer artenreichen Verjüngung erreichbar. Die
neue Waldgeneration benötigt den schützenden Schirm der alten Generation, denn
dieser Schirm erzeugt ein feucht-kühles Klima und mildert Wetter- und
Temperaturextreme ab, sodass die empfindlichen jungen Bäumchen diesen nicht
ausgesetzt sind. Eine Naturverjüngung ist einer künstlichen Verjüngung, also
einer Pflanzung von Baumschulpflanzen vorzuziehen, denn die Wurzeln der Bäume
aus Naturverjüngung sind nicht deformiert und somit stabiler. Künstliche
Verjüngung ist dann sinnvoll, wenn Baumarten in dem Waldstück nicht vorkommen
und so ein Baumartenwechsel hin zu klimaangepassten Baumarten herbeigeführt,
oder beschleunigt werden kann.
Daher fordern wir:
- Die Schaffung der Voraussetzung, das sich geeignete Baumarten verjüngen
können und deren Förderung.
- Keine Eingriffe die das kühle, feuchte Waldinnenklima und dadurch die
Verjüngung gefährden.
Wir müssen die Nutzung des Waldes extensivieren, um seine Funktionen dauerhaft
zu sichern. Der Wald leidet enorm unter der Klimakatastrophe, ist aber auch ein
effektives und wichtiges Mittel, um sie zu bekämpfen. Das geht aber nur, wenn
wir die jetzige Bewirtschaftung schnell ändern.
Wir sind auf den Wald angewiesen: seine kühlende Wirkung, seine
Schutzfunktionen, die Bereitstellung von sauberem Trinkwasser und dem
regenerativem Rohstoff Holz. Der Lebensraum Wald muss gerade im Anbetracht der
globalen Biodiversitätskrise geschützt und gefördert werden. Durch vielfältige
Lebensräume können wir dem Artensterben etwas entgegensetzen und Vielfalt
erhalten.
Lasst uns den Wald umbauen! Weg von Nadelholzmonokulturen, die reihenweise
sterben und kaum Lebensräume bieten, hin zu vielfältigen Laubmischwäldern.
Mischwälder, die dem Artensterben und der Klimakatastrophe entgegenstehen,
stabil sind und in denen wir gerne unterwegs sind. Wälder die vor Hochwasser
schützen, Trinkwasser und Holz zur verfügung stellen. Wälder, in denen sich die
Natur entfalten kann, die das lokale Klime herabkühlen und noch in ferner
Zukunft CO2 speichern, Lebensräume bieten und Wasser im Boden halten. Die
Multifunktionalität des Waldes ist eine große Chance die globalen Umweltkrisen
unserer Zeit zu bekämpfen, also packen wir es an!
Begründung
Nach dem dritten Dürresommer in Folge sind deren Auswirkungen auf den Wald unübersehbar. Nicht nur standortsfremde Fichten sterben flächig ab, sondern auch heimische Buchen und Eichen fallen bestandsweise aus. Die Lage ist dramatisch, vorausgesetzt wir wollen den Wald noch weiter nutzen und seine Lebensräume erhalten.
Den Wald zu nutzen ist sinnvoll, da der vielseitige Werkstoff Holz gerade im Klimawandel als Kohlenstoff bindene Alternative nicht ersetzbar ist. Wir müssen uns vielmehr Gedanken darüber machen wie ein klimaangepasster Wald mit vielfältigen und somit resistenteren und resilienteren Ökosystemen aussehen kann. Danach können wir schauen wie wir dahin kommen und in welcher Form wieviel und wo genutzt werden kann.
Klar ist in Deutschland haben wir nur das Meer, die Landwirtschaft und den Wald als Kohlenstoffsenken zur Verfügung und nur die beiden letzteren können wir einfach beeinflussen. Es ist offensichtlich, dass das Einsparen von CO2 alleine nicht langt, wir müssen das CO2 wieder aus der Atmosphäre in die Böden und die Vegetation bekommen.
Änderungsanträge
- V-9-069 (Dominik Hüsener, Eingereicht)