Veranstaltung: | 54. Bundeskongress der GRÜNEN JUGEND |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | V Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | Carl Riemann |
Status: | Eingereicht |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung |
Eingereicht: | 09.10.2020, 16:16 |
Antragshistorie: | Version 1 |
V-5: Die Klimakrise braucht eine globale Antwort
Antragstext
Die Mitgliederversammlung möge beschließen:
Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Zeit. Seit der Verhandlung
des Pariser Abkommens vor fünf Jahren steht das Ziel fest: Eine Begrenzung der
globalen Erwärmung auf 1.5°C. 2016 jedoch stiegen die globalen Emissionen,
ebenso 2017, 2018 und 2019[1]. Die globale Durchschnittstemperatur liegt bereits
bei 1°C über dem vorindustriellen Level[2]. Die im Rahmen des Pariser Abkommens
angekündigten CO2-Einsparungen aller Länder zusammen ergäben eine globale
Erwärmung von über 3°C. Das Pariser Abkommen bietet offenbar ein gemeinsames
Ziel, aber leider keinen Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Die Klimakrise ist
zuallererst eine Kooperationskrise, ein Trittbrettfahrerproblem, bei dem alle
Länder weniger tun als sie müssten, um die Krise im Griff zu behalten.
Um das 1.5°C Ziel einzuhalten, braucht es einen neuen globalen Ansatz, die Zeit
läuft davon!
Die Grüne Jugend denkt Klimapolitik global und setzt sich dafür ein, dass ihre
Mutterpartei Bündnis 90/Die Grünen die Klimapolitik ebenfalls globaler denkt.
Dazu gehört ein Fokus auf Klimagerechtigkeit und internationale Kooperation.
Ziel grüner Politik muss eine globale Lösung sein, dafür geeignet ist ein
internationales Abkommen zur globalen CO2-Bepreisung. Die Grüne Jugend setzt
sich dafür ein, dass die Grünen diese Forderung in das Wahlprogramm für die
Bundestagswahl 2021 aufnehmen, da die gigantische Herausforderung der Klimakrise
nur gemeinsam gelöst werden kann. Das Abkommen soll zwischen der EU und den
Ländern geschlossen werden, die möglichst viel CO2 ausstoßen, die sich damit zu
einer Klima-Allianz zusammenschließen. Wichtigste Partner wären die USA und
China. Die Kooperationsforschung zeigt, dass die wichtigste Voraussetzung, um
Kooperation zu ermöglichen, Reziprozität ist („Wir machen es, wenn ihr es auch
macht“). Damit ein neues Abkommen Erfolg hat, muss es folglich reziprok sein. Um
dies zu erreichen, muss ein Abkommen folgende Form haben:
Erstens muss eine an den später verhandelten CO2-Preis gekoppelte
Ausgleichszahlung von emissionsreichen an emissionsarme Länder verhandelt
werden. Für jede Tonne CO2, die ein Land über dem globalen Durchschnitt
ausstößt, muss dieses Land in einen Klima-Fonds einzahlen. Länder, die
unterdurchschnittlich viel CO2 ausstoßen, erhalten hingegen Zahlungen pro Tonne,
die sie unterhalb des Durchschnitts liegen. Dies ist nicht nur essenziell, um
einen höheren und damit effektiveren CO2-Preis zu ermöglichen, sondern auch aus
historischer Verantwortung heraus geboten (siehe vergangene Beschlüsse der
Grünen Jugend).
Im zweiten Schritt wird der global einheitliche Mindest-CO2-Preis verhandelt.
Dieser wird in jedem Land vom jeweiligen Staat erhoben. Ob per Steuer,
Zertifikathandel mit Mindestpreis oder sonstigem Instrument, bleibt dem
jeweiligen Staat überlassen; die Einnahmen behält das jeweilige Land. Am
wichtigsten ist hierbei, dass der jeweilige CO2-Preis den globalen Mindestpreis
nicht unterschreiten darf, ein höherer Preis ist jedoch möglich. Dies sorgt für
die Reziprozität, jedes Land muss nur so viel tun wie alle anderen auch. Da
dieser einheitliche Preis ökonomisch schwächere Länder benachteiligt, sind die
im ersten Schritt verhandelten Ausgleichszahlungen von enormer Bedeutung, damit
auch diese Länder einen für das Klima wirksam hohen Preis mittragen können.
Die Bepreisung von CO2 führt zu Investitionen in erneuerbare Energien und neue,
klimaneutrale Technologien in allen Sektoren. Ärmere Länder, in denen in der
Regel nicht so viele hoch technologisierte Unternehmen angesiedelt sind,
benötigen dabei einen fairen und günstigen Zugang zu klimafreundlichen
Technologien, die sich meist im Besitz von Unternehmen aus Industriestaaten
befinden. Es muss verhindert werden, dass im Rahmen des Abkommens hohe
Geldsummen aus dem globalen Süden in den globalen Norden fließen.
Um einen Anreiz zu schaffen, der Klima-Allianz beizutreten, sind Klimazölle
erforderlich. Diese werden den Ländern auferlegt, die nicht Mitglied der Allianz
sind, und verhindern so, dass klimaschädlich agierende Länder einen
Wettbewerbsvorteil haben und Produktionsstätten und Fabriken in ebensolche
Länder ausgelagert werden.
Angesehene Kooperationsforscher*innen, Spieltheoretiker*innen und Ökonom*innen
fordern bereits seit Jahren ein solches Abkommen. Paris bietet zwar erstmals ein
gemeinsames Ziel, jedoch keine Lösung. Jedes Land kann unter dem Pariser
Abkommen selbst entscheiden, wie viel es zur Lösung beiträgt, das grundlegende
Trittbrettfahrerproblem bleibt damit bestehen. „Listen to the Science“ ist einer
der Leitsätze der Klimabewegung, wir sollten die Erkenntnisse der
Kooperationsforschung nicht länger ignorieren. Denn zusätzlich zu allen
nationalen und europäischen Anstrengungen, braucht diese globale Krise endlich
eine angemessene globale Antwort!
Begründung
2015 kam die Weltgemeinschaft in Paris zusammen und schaffte Historisches. 196 Staaten und die Europäische Union haben sich verpflichtet, die globale Klimaerhitzung auf unter 2°C und idealerweise auf unter 1,5°C zu beschränken. [CR1] 2016 jedoch stiegen die globalen Emissionen, genauso wie 2017, 2018 und 2019[1]. Die globale Durchschnittstemperatur liegt bereits bei 1°C über dem vorindustriellen Level[2].
Das Klimaproblem ist ein globales Trittbrettfahrerproblem. Die Atmosphäre ist für alle gleichermaßen zugänglich, und jedes Land kann ungehindert so viel CO2 in die Atmosphäre abgeben wie es möchte. Die Atmosphäre ist damit ein sogenanntes globales Allgemeingut, sie gehört uns allen und wir alle nutzen sie ungehindert als Müllhalde für CO2 und weitere Klimagase. Wenn ein Land für sich allein einen CO2-Preis festlegt, hat dies zwar einen positiven Einfluss auf die Emissionen und einen Vorreiterfunktion, allerdings besteht die Gefahr des Trittbrettfahrens anderer Länder. Diese bekommen einen Wettbewerbsvorteil, wenn sie selbst keinen Preis einführen. Wenn allerdings ein Abkommen besteht, in dem der niedrigste von einem der Länder gebotene CO2-Preis als Mindestpreis für alle anderen festgelegt wird, wird durch diese Reziprozität das Trittbrettfahrerproblem umgangen. Jedes Land hat nun einen Anreiz, einen Preis in der Höhe vorzuschlagen, wie er aus der Sicht des Landes ideal wäre, wenn alle anderen ihn auch umsetzen würden. Wenn es der niedrigste vorgeschlagene Preis ist, wird er für alle Länder verpflichtend. Wenn nicht, ist der Mindestpreis niedriger als der vorgeschlagene und somit für das Land trotzdem akzeptabel, zumal es eigenständig national einen höheren Preis festsetzen kann. Zusätzlich verhindern Klimazölle, dass Ländern, die nicht beitreten, ein Vorteil entsteht.
[CR1]Eventuell zu technisch(?)