Veranstaltung: | 53. Bundeskongress der Grünen Jugend |
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Tagesordnungspunkt: | V – Verschiedene Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Bundesmitgliederversammlung |
Beschlossen am: | 03.11.2019 |
Eingereicht: | 03.11.2019, 15:28 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Hannibal-Netzwerk und Co zerschlagen!
Beschlusstext
Ende 2018 wurde die Existenz des extrem rechten, sogenannten „Hannibal“-
Netzwerkes, einem Zusammenschluss von aktiven und ehemaligen (Elite)-
Soldat*innen, Polizist*innen und Mitarbeiter*innen des Verfassungsschutzes,
durch Medienberichte bekannt. Die Mitglieder des Netzwerkes sehen sich als
„Prepper“ und bereiten sich auf einen von ihnen angenommenen „Tag X“ vor, an dem
die öffentliche Ordnung zusammenbrechen werde. Es existierten offensichtlich
Listen von politischen Gegner*innen sowie Pläne zur Ermordung der selbigen, es
wurden Waffenlager angelegt sowie Ätzkalk und Leichensäcke bestellt. Als
zentrale Figuren des Netzwerkes werden u. a. Franco A. und André S. gesehen. Die
Personen organisierten sich im von André S. gegründeten Verein „Uniter e. V.“
sowie in verschiedenen Chatgruppen, die unter dem Sammelbegriff „Nordkreuz“
bekannt wurden. Franco A. legte sich eine Identität als syrischer Geflüchteter
zu und plante Medienberichten zufolge Anschläge in Berlin sowie möglicherweise
auch in Stuttgart und Würzburg, wo er Örtlichkeiten auskundschaftete.
Durch die Aufdeckung des Netzwerkes wurde klar, wie eng die extreme Rechte mit
den Sicherheitsbehörden verbunden ist. Fast alle bekannten Mitglieder des
Netzwerks arbeiteten für Sicherheitsbehörden. Einige nutzten ihre Stellung aus,
um Munition und Waffen zu entwenden, andere wurden von einem Mitarbeiter des
Militärgeheimdienstes MAD gewarnt und konnten so vermutlich große Teile des
Beweismaterials wegschaffen. Erschreckend ist in diesem Zusammenhang auch der
oft mangelnde Aufklärungswille und der mangelnde Schutz betroffener Personen. So
wurden die 2017 auf einer der Todeslisten in Mecklenburg-Vorpommern gefundenen
Personen erst 2019 über diese Tatsache informiert, sodass diese gefährdeten
Personen zwei Jahre unwissend und damit ohne Schutzmaßnahmen blieben.
Es darf nicht länger untätig dabei zugesehen werden, wie extrem rechte Netzwerke
die Sicherheitsbehörden unterwandern. Die GRÜNE JUGEND fordert deswegen:
- die vollständige Aufklärung und Offenlegung der Pläne des „Hannibal“-
Netzwerkes. Angesichts der offensichtlichen weitreichenden Verstrickung
der Sicherheitsbehörden in das Netzwerk sind hierfür
Untersuchungsausschüsse im deutschen Bundestag sowie in den primär
betroffenen Landtagen notwendig, wobei darauf zu achten ist, dass
Mitglieder des Netzwerkes nicht selbst an den Untersuchungsausschüssen
dieser Art als Mitglied des Ausschusses, in der Funktion als
Mitarbeiter*in oder in anderer Art beteiligt werden, sodass sie Zugriff
auf geheime Materialen zwecks Verhinderung der Aufklärung erlangen
könnten. Innerhalb der Untersuchungsausschüsse muss insbesondere die
zweifelhafte Rolle des MAD und der Polizei aufgeklärt werden, ebenso wie
die Verbindung des „Hannibal“-Netzwerks zu anderen extrem rechten
Organisationen. Entsprechende Akten der Sicherheitsbehörden müssen
freigegeben werden.
- Aufklärung darüber, ob Franco A. an den Orten, die er auskundschaftete,
Helfer*innen hatte.
- die sofortige Entfernung aller in irgendeiner Art und Weise am „Hannibal“-
Netzwerk beteiligten Personen aus den Sicherheitsbehörden, sowie aus
anderen sensiblen Ämtern, die aufgrund ihrer weitreichenden Befugnisse
oder besonderer Tragweite für die Sicherheit von Belang sind, und die
strafrechtliche Belangung dieser Personen, sofern nicht bereits erfolgt.
- das Verbot und die Auflösung des Vereins „Uniter e. V.“
- die Information aller Personen, deren Name sich auf den sichergestellten
Feindes- oder Todeslisten befindet, sowie die Einleitung ggf. notwendiger
Schutzmaßnahmen. In Zukunft sollen Personen, deren Name auf extrem rechten
Feindeslisten gefunden wird, sofort informiert und ggf. geschützt werden.
Sofern nötig sollte den Betroffenen und ihrem Umfeld auch psychologische
Unterstützung zur Verfügung gestellt werden.
Das Vertuschen und Kleinreden extrem rechter Netzwerke hat in Deutschland nicht
erst seit dem NSU eine unselige Tradition. Es ist klar, dass es weder im Fall
„Hannibal“ noch in anderen Fällen wieder so weit kommen darf!