Veranstaltung: | 2. Länderrat 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | 2. Länderrat 2022 |
Beschlossen am: | 18.12.2022 |
Eingereicht: | 19.12.2022, 10:46 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Ein neuer finanzpolitischer Rahmen für Europa
Beschlusstext
Und mal wieder Krise.
Während Inflation, Kriege, Klimakatastrophe und schwelender Nationalismus unser
aller Existenz bedrohen, kämpfen linke Kräfte oft gegen nationale Unterdrückung
und für Befreiung ihrer Mitmenschen. Dabei sind diese Krisen nicht national zu
bekämpfen, denn wir leben in einer kapitalistischen Weltordnung – die nicht an
Grenzen halt macht.
Die Lösung für viele ist internationale Kooperation – und gerade in Europa
lastet viel Hoffnung auf der Europäischen Union, dabei sind europäische Staaten
durch handlungsunwillige Politik und willkürlich festgesetzte Schuldengrenzen
gefesselt. Dazu kommen die bis heute spürbaren Folgen der Finanz- und Eurokrise
sowie der zahlreichen wirtschaftspolitischen Fehler in den Jahren danach:
Anstatt zu investieren, zwang sich die Eurozone zum Sparen.
Auch an der Griechenlandkrise, zu Zeiten der Syriza-Regierung, haben wir
gesehen, dass nationale linke Bestrebungen bei Versuchen der Umverteilung zu
sehr begrenzt werden. Und dies von einer Europäischen Union, die vor allem auf
ihre eigene Währungsstabilität, statt dem guten Leben für Alle aus ist. Die
Lösung der EU heißt zu oft: Kürzung der Löhne &Renten, statt höherer Besteuerung
der Reichen & Großunternehmen. Die Frage einer gemeinsamen Schuldenaufnahme wird
gerade auch von der deutschen Regierung immer wieder blockiert. Diese Politik,
die kurzfristige Profitinteressen priorisiert, gefährdet am Ende auch den
Zusammenhalt der Gesellschaft. Egal ob in Italien oder Frankreich: Immer wieder
beobachten wir, wie rechte Kräfte die Verunsicherung und Enttäuschung der
Menschen nutzen, um eine rückwärtsgewandte und nationale Politik populär werden
zu lassen, was wiederum den Einsatz für grenzüberschreitende Solidarität und
Menschenrechte immer wieder bedroht.
Klar ist: diese Europäische Union ist keine internationalistische Vereinigung.
Gerade ihre Finanzen werden oft als zu restriktive Maßnahmen genutzt, statt
gemeinsame Lösungen für gemeinsame Krisen zu finden. Und gerade mit Blick auf
die Europawahl wird klar, in Europa läuft einiges schief: sei es bei den
sozialen Themen, bei der finanziellen Verteilung von Mitteln oder der
Abschottung an den Außengrenzen.
Das muss sich ändern. Wir setzen uns weiter ein für ein gerechteres,
ökologisches und friedliches Europa, frei von nationalstaatlichen Grenzen . Ein
Europa, in dem die Bedürfnisse der Menschen und nicht die Profitinteressen
weniger im Mittelpunkt stehen und dessen Wohlstand nicht auf der Ausbeutung des
globalen Südens beruht. Ein Europa, in dem gemeinsam demokratisch entschieden
wird. Damit ist für uns klar, dass wir auch gemeinsam entscheiden, wie wir
wirtschaften und wofür in der EU Geld ausgegeben wird.
Daher wollen wir auf eine stärkere europäische Zusammenarbeit setzen, die
gemeinsame Lösungen für die vielen Krisen findet, in denen wir stecken. Und
dabei werden wir viel Geld brauchen.
Es gibt sinnvolle politische Reformen, die es sich für dieses Ziel zu erkämpfen
lohnt. Wir wollen das Race to the Bottom verhindern, welches dazu führt, dass
Staaten sich in der Besteuerung von Kapital unterbieten und Arbeitsrechte
abbauen, um attraktiv für Unternehmen zu bleiben.
Deswegen setzen wir uns für eine europäische Besteuerung von Unternehmen, hohen
Vermögen und Kapitalerträgen ein.
Ein gemeinsamer europäischer Mindestlohn wäre ein wichtiger Schritt. Eine
gemeinsame europäischen Arbeitslosenversicherung und eine europäischen Job- und
Ausbildungsgarantie müssen der nächste Schritt sein.
Gerade die Deutsche Bundesregierung spielt oft keine gute Rolle, wenn es um
Fragen europäischer Solidarität geht. Damals war es die Große Koalition, die
Griechenland das Sparmandat aufdrückte und heute ist es die Ampel-Regierung, die
die Lockerungen von Fiskalregeln auf EU- Ebene und eine gemeinsame
Schuldenaufnahme bremst. Während wir richtigerweise 200 Milliarden Euro Schulden
für den Gaspreisdeckel aufnehmen, fehlt auch aufgrund des Handelns der
Bundesregierung eine Perspektive für andere EU-Länder.
Deswegen kämpfen wir sowohl für die Abschaffung der undemokratischen
Schuldenbremse in Deutschland als auch für die Reform der Fiskalregeln in der
EU. Aus der gescheiterten Austeritätspolitik zu lernen, heißt: Gerade wenn
Länder in wirtschaftliche Krisen geraten, muss es ihnen ermöglicht werden,
Schulden aufzunehmen, um zu investieren und eine sich verstetigende Rezession zu
verhindern. Dabei soll sich nicht an Profitinteressen, sondern an den
Bedürfnissen der Menschen orientiert werden. Dies bedeutet, dass Entscheidungen
über eine gemeinsame europäische Finanzpolitik nicht mehr vom Markt diktiert,
sondern gemeinsam demokratisch legitimiert werden müssen.
Auch die EU als politisches Projekt ist voller Widersprüche: der Einsatz für
Demokratie und Menschenrechte auf der einen Seite und eine Wirtschaftspolitik,
die für viele Menschen innerhalb und vor allem außerhalb der EU mit
Unsicherheit, Armut und Ausbeutung verbunden ist.
Umso wichtiger ist es, dass wir uns diesen Fragen im nächsten Jahr widmen.
Wie können wir uns ein Zusammenleben frei von Grenzen vorstellen und was muss
passieren, um Profitlogiken im europäischen und globalen Kontext zu überwinden?
Dafür wollen wir in verschiedensten Formaten, unter anderem dem
Frühjahrskongress und dem internationalistischen Sommer von und miteinander
lernen und diskutieren. Außerdem planen wir eine Fahrt ins EU- Ausland, in der
wir uns mit Fragen von Austerität beschäftigen werden.
Denn auch wenn wir die EU an einigen Stellen kritisieren, so ist unser klares
Ziel eingerechteres, ökologisches und friedliches Europa, frei von
nationalstaatlichen Grenzen. Als überzeugte Europäer*innen kämpfen wir für ein
besseres Europa für Alle. Finanz- & geldpolitische Hebel können hierbei nur ein
Schritt von vielen sein, daher werden wir uns im Rahmen des nächsten Jahres
vermehrt damit auseinandersetzen, wie ein Europa der Zukunft konkret aussehen
kann.