Veranstaltung: | 1. Länderrat 2025 |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand GRÜNE JUGEND Bremen (dort beschlossen am: 13.06.2025) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 13.06.2025, 21:59 |
A-9: Unsichtbarer Konflikt-Die humanitäre Krise im Sudan
Antragstext
Die humanitäre Krise im Sudan
Seit April 2023 herrscht im Sudan ein brutaler und weitgehend vergessener Krieg. Kämpfe zwischen der sudanesischen Armee (Sudanese Armed Forces, SAF)
unter der Führung von General Abdel Fattah al-Burhan und der paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) unter Mohammed Hamdan Dagalo, haben das Land
in eine humanitäre Katastrophe gestürzt. Was als Machtkampf zwischen zwei rivalisierenden Militärfraktionen begann, hat sich zu einem verheerenden,
komplexen und langanhaltenden Konflikt entwickelt, in dem Millionen Zivilist:innen zwischen die Fronten geraten. [1]
Besonders betroffen sind die Städte Khartum, Nyala, Geneina und andere urbane Zentren, die systematisch zerstört wurden. Ganze Stadtviertel liegen in
Trümmern, Krankenhäuser und humanitäre Einrichtungen wurden geplündert oder bombardiert. Die Strom- und Wasserversorgung ist in vielen Regionen
zusammengebrochen. Außerdem gibt es kaum noch medizinische Versorgung, da die Krankenhäuser zerstört wurden. [2]
Besonders erschütternd ist die Gewalt, die gezielt gegen die Zivilbevölkerung verübt wird. Die RSF wird für zahlreiche Kriegsverbrechen verantwortlich
gemacht, darunter ethnische Säuberungen insbesondere in der Region Darfur, Massenvergewaltigungen, Verschleppungen und außergerichtliche
Hinrichtungen. In West-Darfur sprechen Beobachter:innen von einem systematischen Genozid gegen die Masalit-Bevölkerung. Auch die sudanesische Armee
begeht schwere Menschenrechtsverletzungen, darunter Luftangriffe auf bewohnte Gebiete und die Rekrutierung von Kindersoldaten. [3]
Rund 10 Millionen Menschen sind inzwischen auf der Flucht – einige davon innerhalb des Landes, andere in Nachbarstaaten wie dem Tschad, dem Südsudan
und Ägypten. Die Lage in den überfüllten Flüchtlingslagern ist katastrophal: Es fehlt an Nahrung, sauberem Wasser, medizinischer Versorgung und
Sicherheit. Gleichzeitig ist der Zugang für internationale humanitäre Hilfe extrem eingeschränkt – oft werden Hilfskonvois gezielt angegriffen oder
blockiert.
Trotz dieser dramatischen Lage bleibt die internationale Reaktion erschreckend zögerlich. Der Krieg im Sudan zählt als größte humanitäre Krise
derzeit, findet aber kaum mediale oder politische Aufmerksamkeit. [2] Internationale Vermittlungsbemühungen bleiben wirkungslos, und der politische
Druck auf die Kriegsparteien ist minimal. Auch Deutschland und die EU werden ihrer Verantwortung bislang nicht gerecht. Während Waffen weiterhin in
die Region gelangen, – teils über Drittstaaten – fehlt es an gezielter humanitärer Unterstützung, politischem Engagement und klarer Verurteilung der
Kriegsverbrechen.
Stabilität schaffen
Deutschland muss seine diplomatische Verantwortung wahrnehmen und sich mit aller Kraft für ein Ende der Gewalt im Sudan einsetzen. Gemeinsam mit der
Afrikanischen Union, der IGAD (Zwischenstaatliche Entwicklungsbehörde Ostafrikas) und den Vereinten Nationen soll sich die Bundesregierung aktiv für
einen sofortigen Waffenstillstand stark machen. Dieser muss durch unabhängige internationale Mechanismen überwacht und begleitet werden, um erneute
Eskalationen zu verhindern.
Zudem braucht es klare politische Konsequenzen. Auch wenn es von Deutschland schon ein Waffenembargo gegen alle am Konflikt beteiligten Akteure gibt,
muss Deutschland sich im UN-Sicherheitsrat für ein umfassendes Waffenembargo, sowohl gegen die sudanesische Armee (SAF) als auch gegen die
paramilitärischen Rapid Support Forces (RSF) einsetzen. Die Bundesregierung muss sich für eine internationale Aufarbeitung einsetzen und dafür sorgen,
dass Verbrechen wie ethnische Säuberungen, Massenvergewaltigungen und gezielte Angriffe auf die Zivilbevölkerung nicht straflos bleiben. Parallel dazu
soll sich Deutschland auf EU-Ebene für gezielte Sanktionen gegen Kriegsverantwortliche einsetzen.
Ein zentrales politisches Signal ist dabei die klare Unterstützung für eine zivil geführte Übergangsregierung im Sudan. Deutschland darf sich nicht
mit symbolischen Gesten begnügen, sondern soll eine solche Regierung diplomatisch anerkennen, öffentlich unterstützen und konkret mit Ressourcen
ausstatten – etwa durch institutionellen Aufbau, Beratung, Schutzmaßnahmen und finanzielle Hilfe.
Humanitäre Hilfe ausbauen
Um dem eskalierenden Leid im Sudan gerecht zu werden, fordern wir eine entschlossene humanitäre und politische Reaktion der Bundesregierung.
Deutschland muss seine humanitäre Unterstützung für die sudanesische Zivilbevölkerung massiv ausbauen. Konkret fordern wir, die Hilfsleistungen auf
mindestens 500 Millionen Euro jährlich aufzustocken. Diese Mittel sollen der akuten Nothilfe im Sudan selbst, der Versorgung von Geflüchteten in den
Nachbarländern, sowie dem Wiederaufbau lebenswichtiger Infrastruktur zugutekommen.
Zudem braucht es einen besseren Zugang für humanitäre Organisationen, die häufig unter Lebensgefahr arbeiten. Deutschland muss sich diplomatisch dafür
einsetzen, dass Hilfslieferungen ungehindert die betroffenen Gebiete erreichen können.
Humanitäre Hilfe darf dabei niemals an politische Interessen oder migrationspolitische Erwägungen geknüpft sein. Die Menschen im Sudan haben ein Recht
auf Schutz, Unterstützung und ein Leben in Würde – unabhängig davon, ob sie in der Region bleiben oder Zuflucht in Europa suchen. Wir fordern daher
auch sichere und legale Fluchtwege für Schutzsuchende.
Schutz gewährleisten
Deutschland muss denjenigen Schutz bieten, die im Sudan besonders gefährdet sind. Es braucht ein humanitäres Aufnahmeprogramm für mindestens 1 000
besonders schutzbedürftige Menschen – darunter Aktivist:innen, Journalist:innen, queere Personen sowie Überlebende sexualisierter Gewalt. Die
Verfahren zur Einreise und Visavergabe müssen dabei schnell, sicher und unbürokratisch gestaltet werden. In einer Situation, in der jede Verzögerung
lebensgefährlich sein kann, dürfen Schutzsuchende nicht durch übermäßige Bürokratie oder langwierige Verfahren daran gehindert werden, in Sicherheit
zu gelangen.
Darüber hinaus braucht es ein sofortiges und dauerhaftes Abschiebemoratorium für sudanesische Staatsangehörige. Niemand darf in ein Land
zurückgeschickt werden, in dem bewaffnete Konflikte, staatliche Gewalt, Hunger und massive Unsicherheit herrschen. Auch die Dublin-Verfahren müssen
ausgesetzt werden, denn sie führen in vielen Fällen dazu, dass Geflüchtete in europäische Nachbarländer abgeschoben werden, die selbst mit
überlasteten Asylsystemen zu kämpfen haben und keinen ausreichenden Schutz gewährleisten können.
Wir als Grüne Jugend stehen solidarisch an der Seite der sudanesischen Bevölkerung und Forderungen deshalb:
- Aktives Eintreten der Bundesregierung für einen Waffenstillstand
- Initiative im UN-Sicherheitsrat für ein umfassendes Waffenembargo gegen alle an dem Konflikt beteiligten Kriegsparteien
- Einsatz auf EU-Ebene für gezielte Sanktionen gegen Krigsverantwortliche
- Unterstützung für eine zivile Übergangsregierung
- Erhöhung der humanitären Hilfe auf mindestens 500 Millionen Euro jährlich
- Diplomatischer Einsatz für sicheren und ungehinderten Zugang humanitärer Hilfe in alle betroffenen Gebiete
- Auflegung eines humanitären Aufnahmeprogramms für mindestens 1.000 besonders schutzbedürftige Menschen
- Unbürokratische und schnelle Visavergabe
- Einführung eines Abschiebestopps für sudanesische Staatsangehörige
- Aussetzung der Dublin-Verfahren für Schutzsuchende aus dem Sudan
Quellen: