Veranstaltung: | 1. Länderrat 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Länderrat |
Beschlossen am: | 02.07.2023 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Inklusion ist Menschenrecht!
Beschlusstext
Kurzfassung des Antrags, der vollständige
Antragstext ist unten zu lesen:
Obwohl Inklusion ein Menschenrecht ist, werden Menschen mit Behinderungen in
Deutschland in fast allen Lebensbereichen benachteiligt.
Auf dem Arbeitsmarkt bekommen Menschen mit Behinderung in den bestehenden
kapitalistischen Zwängen oft nur einen geringen Lohn, weit unter dem
gesetzlichen Mindestlohn. Sie werden im sogenannten zweiten Arbeitsmarkt
gehalten und ihr Zugang zum selbstbestimmten Leben wird beschränkt. Daher
fordert die GRÜNE JUGEND die bedingungslose Integration von Menschen mit
Behinderung in den regulären Arbeitsmarkt und langfristig die Abschaffung des
zweiten Arbeitsmarktes. Der Mindestlohn reicht gerade Mal so zum Leben über dem
Existenzminimum und muss allen Menschen gezahlt werden!
Auch die medizinische Versorgung ist in Deutschland alles andere als
barrierefrei. Menschen mit Behinderung sehen sich in medizinischen und
psychologischen Behandlungen mit ableistischen Denkweisen konfrontiert.
Arztpraxen sind häufig nicht barrierefrei und für Menschen mit Behinderung nicht
selbstbestimmt und ohne fremde Hilfe erreichbar. Darüber hinaus sind Menschen
mit Behinderung finanziell benachteiligt, weil sie Teile ihrer Behandlung oft
selbst finanzieren müssen. Wir fordern eine barrierearme, bedarfsgerechte,
menschenwürdige medizinische und psychologische Versorgung und Betreuung für
Menschen mit Behinderung, ohne eigene Kostenbeteiligung. Darunter fallen auch
die benötigten Unterstützungen, wie bspw. Dolmetschleistungen.
Der Besitz eines Schwerbehinderten Ausweises ist notwendig um bestimmte
Leistungen und Ausgleiche, bspw. bei der Wohnungs- oder Arbeitssuche zu
erhalten. Die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises ist aktuell jedoch
oft demütigend, sehr kompliziert und zeitintensiv. Die Ausstellung eines
Schwerbehindertenausweises darf nicht willkürlich geschehen. Es braucht einfache
und unbürokratische Prozesse, die es Menschen ermöglicht ihre Rechte
wahrzunehmen. Bei Beantragung soll der Schwerbehindertenausweis in Zukunft ohne
lange Prüfungszeiten ausgestellt werden.
Für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist die Barrierefreiheit von
öffentlichen Räumen unerlässlich. Die GRÜNE JUGEND fordert daher die
barrierearme Gestaltung des gesamten öffentlichen Raums und der öffentlichen
Infrastruktur. Barrierefreie Wahlen und Wahllokale sind essentiell, um das Recht
auf politische Partizipation für Menschen zu garantieren. Zu einem
selbstbestimmten Leben gehört außerdem die Mobilitätsfreiheit. Daher fordert die
GRÜNE JUGENDE außerdem einen barrierefreien öffentlichen Personen Nah- und
Fernverkehr in Deutschland.
Auch Bildung wird in Deutschland noch nicht inklusiv gedacht. Die notwendige
Unterstützung, Betreuung und die intensiv-pädagogischen Maßnahmen für Kinder mit
Behinderungen werden oft nur an Sonderschulen oder Förderzentren angeboten.
Gemeinschaftliches Lernen geht anders. Deshalb fordert die GRÜNE JUGEND, dass
alle Schulen mit den notwendigen Mitteln und Personal ausgestattet werden, um
Schüler*innen mit Behinderungen in den regulären Unterricht zu integrieren.
Verlage müssen alle Lehrmaterialien auch in maschinenlesbar und in Braille
bereitstellen.
Darüber hinaus müssen alle Schüler*innen über das Thema Ableismus und dessen
Ursprung sensibilisiert werden. Das Thema „Behinderung“ sollte im Bildungsalltag
selbstverständlich sein und ist bspw. beim gesundheitlichem
Aufklärungsunterricht oder durch das zum Lernen von Gebärdensprache in den
alltäglichen Schulbetrieb einzubinden.
Anti-Ableismus-Arbeit darf dabei natürlich nicht nur auf den Schulunterricht
beschränkt sein. Um Aggressionen sowie verbale und physische Gewalt gegen
Menschen mit Behinderung entgegenzuwirken fordert die GRÜNE JUGEND einen Anti-
Ableismus Plan für Deutschland, die konsequente Verfolgung ableistischer
Straftaten, sowie die Transparenz darüber durch die Erhebung von belastbaren
Daten und Zahlen in den Polizeistatistiken.
Integration ist eine Querschnittsaufgabe, die in allen Bereichen und von der
ganzen Gesellschaft mitgedacht werden muss! Menschen mit Behinderung darf durch
ihre Beeinträchtigung kein Nachteil im gesellschaftlichen Leben entstehen.
Benötigte finanzielle und personelle Mittel müssen in allen Bereichen zur
Verfügung gestellt werden. Lasst uns gemeinsam Ableismus und Ausgrenzung
bekämpfen und Barrieren niederreißen!
Vollständiger Antragstext:
Arbeit und Wirtschaft
Während sich die Bundesregierung selber auf die Schulter klopft (/rw), weil der
Mindestlohn auf 12 € gestiegen ist, gilt diese Freude nicht für alle
Beschäftigten. Dabei ist dieser Mindestlohn keine Inflationsanpassung und einige
Menschen wie z.B. Leiharbeitende und viele Menschen mit Behinderung (1) erhalten
nicht mal diesen.
Obwohl die Bundesregierung schon lange die UN-Behindertenrechtskonvention
übernehmen will, existiert der sogenannte 2. Arbeitsmarkt (2) immer noch. Dabei
ist dieser bereits als Verstoß bekannt, denn er hält Menschen mit Behinderung in
einem fremdbestimmten Leben. Der 2. Arbeitsmarkt steht unter den
kapitalistischen, wirtschaftlichen Zwängen. Das bedeutet, dass eine Werkstatt in
einen Vertrag einer Firma eine gewisse Liefermenge zusagt. Durch diese
wirtschaftlichen Zwänge gibt es einen Anreiz Menschen mit Behinderung, die als
besonders leistungsfähig (im kapitalistischen Sinne) für die Werkstatt
betrachtet werden, auf dem 2. Arbeitsmarkt zu halten. Schließlich können sonst
die Verträge nicht erfüllt werden. Sollten es Menschen mit Behinderung trotz
dieser Hürden auf den 1. Arbeitsmarkt schaffen, verlieren sie viele
Fördergelder, wie z.B. Versicherungen, die sie auf dem 2. Arbeitsmarkt hatten.
Das schafft noch mehr Anreize für den 2. Arbeitsmarkt. Zusätzlich verstärkt es
Armut von Menschen mit Behinderung. Das System der Werkstätten halten wir als
GRÜNE JUGEND für grundlegend falsch. Für uns ist klar: Wir wollen eine inklusive
und menschengerechte Wirtschaft!
Die Menschen mit Behinderung, die es auf den 1. Arbeitsmarkt geschafft haben,
kämpfen auch dort mit fehlender Barrierefreiheit und Ableismus. Sie haben oft
das Gefühl, wenn sie auf dem 1. Arbeitsmarkt „scheitern“, dann „scheitern“ mit
ihnen alle Behinderten Menschen. Diese Spirale können wir nur aufbrechen (/rw),
wenn Behinderte Personen selbstverständlich Teil von sämtlichen Bereichen des 1.
Arbeitsmarkts sind. Dafür muss Unternehmen verboten werden, sich von der
Mindestquote an schwerbehinderten Menschen „freikaufen“ zu können. Alle
Unternehmen müssen konsequent Behindert Menschen einstellen.
Daher fordern wir:
Der 2. Arbeitsmarkt soll zunächst verkleinert und perspektivisch
abgeschafft werden. Als Übergang fordern wir:Arbeitnehmer*innenstatus für Arbeiter*innen in Werkstätten, um
Arbeitsrechte und Mindestlohn zu garantierenStatt Centlöhne, sagen wir: gerechter und tarifgebundener
Mindestlohn für alle!Institutionen und Ämter sollen mehr Menschen mit Behinderung
einstellen und diesen einen gerechten Lohn zahlenals Übergang soll die Ausgleichsabgabe für Betriebe, die
keine oder zu wenig Menschen mit einer Schwerbehinderung
eingestellt
haben, deutlich erhöht werden, besonders für Betriebe mit über
60 Angestellten. Das eingenommene Geld soll in die Förderung
von Menschen mit Behinderung gesteckt werden. Außerdem ist es
notwendig, dass „Freikaufen“ vom Einstellen schwerbehinderter
Menschen auf Dauer abgeschafft wird.
Bessere Vermittlung für Menschen mit Behinderung zum 1. Arbeitsmarkt
In Werkstätten Fachkräfte anstellen, die den Übergang von
Werkstattbeschäftigten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt unter
anderem durch Betriebspraktika, Qualifizierungsmaßnahmen sowie eine
individuelle Vermittlung und arbeitsbegleitende Betreuung
unterstützen
Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) stärken und einen
individuellen Rechtsanspruch für Beschäftigte auf die Durchführung des BEM
In Arbeitsbereichen in denen Arbeitnehmer*innen besonders monotone oder
stressige Arbeitsbedingungen/Arbeitsplätze antreffen, müssen
Arbeitgeber*innen ihren Arbeitnehmer*innen Konzepte zum Stressabbau und
zur Förderung der eigenen psychischen Gesundheit anbieten
Die Inanspruchnahme ärztlicher und therapeutischer Hilfe bei psychischen
Erkrankungen oder chronischen Erkrankungen sollte kein Ausschlusskriterium
mehr für eine Verbeamtung darstellen, sofern die psychische oder
chronische Erkrankung den weiteren Berufsweg nicht massiv einschränkt. Die
Anwärter*innen für eine Beamt*innenlaufbahn sollen damit unterstützt
werden, sich frühzeitig psychologische Hilfe zu suchen, anstatt eine
mögliche Erkrankung aus Angst vor einer Ablehnung der Verbeamtung zu
verschleppen.
Barrierefreiheitsgesetze umsetzen und ausweiten – nicht erst auf 2025
warten
Ableismus beruht wesentlich auf kapitalistischen Einteilungen von menschlicher
Leistungsfähigkeit und der Bewertung von hoher Leistungsfähigkeit als gut und
von niedriger Leistungsfähigkeit als schlecht. Personen, die als
leistungsfähiger angesehen werden, gelten – mal offener, mal unterschwelliger –
als wertvoller für die Gesellschaft. Für uns heißt das ganz klar: Anti-Ableismus
muss anti-kapitalistisch und Anti-Kapitalismus anti-ableistisch sein!
Gerechte Versorgung
Jedoch gibt es nicht nur strukturelle Diskriminierung in der Arbeit von Menschen
mit Behinderung, sondern auch in ihrer Gesundheitsversorgung. Dabei herrscht zum
Beispiel eine unfassbare Willkür in der Beantragung von
Schwerbehindertenausweisen. Der Prozess ist oft demütigend und sehr mühsam, da
sich je nach Wohnort und Behinderung der Zugang zu Schwerbehindertenausweisen
unterscheidet. Dabei stellen Schwerbehindertenausweise einen notwendigen
Ausgleich, beispielsweise bei der Arbeits- oder Wohnungssuche, dar.
Ein erleichterter Zugang zu Schwerbehindertenausweisen heißt für uns:
Längere Befristungen und in der Regel unbefristete Ausweise ausstellen.
Weg von der Dominanz medizinischer Diagnosen – verschiedene Faktoren und
auch die Personen einbeziehen.
Denn der Prozess in seiner aktuellen Form kostet Menschen mit Behinderung
unfassbar viel Energie, Zeit und Geld, das viele von ihnen schlichtweg nicht
haben. Ein erleichterter Zugang zu Schwerbehindertenausweisen, heißt auch ein
selbstbestimmteres Leben. Dabei ist der Ableismus des medizinischen Personals
eine weitere Hürde. Das Thema Behinderung muss endlich systematisch in die Aus-,
Fort- und Weiterbildung aller Gesundheitsberufe integriert werden.
Zur Gesundheitsversorgung gehört auch die mentale Gesundheit. Jedoch sehen wir
hier große Lücken in unserer Infrastruktur (/rw). Statt eine schnelle
Behandlungsmöglichkeit bei psychischen Erkrankungen, erwarten Patient*innen
lange Wartezeiten, nicht barrierefreie Praxen, Ableismus in der Therapie und ein
wenig vielfältiges Angebot. Das muss sich schnell ändern, da sich die psychische
Notlage in Deutschland zunehmend verschlimmert. Zu Menschen mit Behinderung
gehören auch viele Menschen mit psychischen Störungen oder Neurodivergenz. Auch
ihre Versorgungslage muss sich verbessern. Die Diagnostik und Behandlung muss
dabei stark ausgebaut werden.
Menschen mit Behinderung sind stärker von Armut betroffen. Indem Menschen mit
Behinderung durch Zuzahlungen und Eigenleistungen nochmal mehr benachteiligt
werden, wird das Armutsrisiko verstärkt. Das betrifft Medikamente ebenso wie
erforderliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sowie Heil- und
Hilfsmittel. Wer nicht aus eigener Tasche zahlen kann, bei dem fällt all dies
weg.
Wir fordern:
Alle erforderlichen medizinischen und unterstützenden Leistungen müssen
ohne eigene Kostenbeteiligung zur Verfügung gestellt werdenDarunter fallen z.B. Medikamente, aber z.B. auch die Kostenübernahme
für Dolmetschleistungen für gehörlose Betreute mit nicht
gebärdensprachkompetenten, hörenden gesetzlichen Betreuer*innen
Freie Ärzt*innenwahl ermöglichen z.B. durch barriereärmere Praxen
Bessere Versorgung durch die gesetzlichen Betreuer*innen, z.B. die
Bevorzugung gebärdensprachkompetenter Betreuer*innen bei der
Bereitstellung eines gesetzlichen Betreuers für gehörlose Betreute
klare Kriterien und unbürokratische, einfache Prozessse beim Beantragen
von Schwerbehindertenausweisen, um Willkür zu verhindern
Ein bundesweiter Endometrioseplan
Kürzere Wartezeiten für Therapieplätze – wir haben genug Therapeut*innen,
lasst uns die politisch geschaffene Verknappung beenden
Ein vielfältiges Angebot der Therapieplätze, auch in verschiedenen
Sprachen
Angebote wie Psychotherapie und/oder psychiatrische Behandlung weiter
ausbauen und Diagnostik und Behandlung von neurodivergenten Personen
stärken
Barrierefreiheit – gerechte Infrastruktur
Barrierefreiheit ist eine wesentliche Voraussetzung, damit alle Menschen
gleichberechtigt am Leben teilhaben können. Doch im Alltag stoßen Menschen mit
Behinderungen auf viele Barrieren: beim Bahnfahren, am Geldautomaten, im
Internet, im Sportverein, beim Einkaufen, beim Ärzt*inbesuch und vieles mehr.
Auch bei Inklusion gilt, dass wir, statt gerechter Infrastruktur, marode und
nicht barrierefreie Systeme vorfinden. Dabei gehört der öffentliche Raum allen
Menschen und muss daher barriereärmer werden.
Deswegen fordern wir:
Einen barriereärmeren öffentlichen Nah- und Fernverkehr
Reiseinformationen in Gebärdensprache und/oder Schriftsprache an
Informationsschaltern im Rahmen des Zwei-Sinne- Prinzips (3)Barriereärmere Transportmittel und Haltestellen
Angemessener Ausbau vorhandener Gehwege, um den Bedürfnissen mobil
eingeschränkter Personen zu entsprechen, auch dann, wenn dafür eine
Fahrspur weichen müsste. Inklusive Planung zukünftiger Gehwege und
Priorisierung über Autostraßen
Wahlen barriereärmer machen: Wahl vor Ort inklusiver gestalten z.B.
barrierefreie Wahllokale
Einen barrierefreieren gesellschaftlich-öffentlichen Raum
Verpflichtung zur Barrierefreiheit in der Privatwirtschaft statt
Freiwilligkeit.Öffentliche Gebäude und Gebäude zur Sicherstellung des persönlichen
Bedarfs müssen vorrangig umgebaut werden.Auch den digitalen öffentlichen Raum fördern:
Die Verpflichtung der öffentlich-rechtlichen und privaten
Fernsehsender zum Ausbau der barrierefreien Medienangebote
(Gebärdensprache, Untertitel, Audiodeskription) in den
Medienstaatsvertrag aufzunehmen100% Untertitel bei öffentlich-rechtlichen Sendern
ermöglichen, Gebärdensprache wird aber generell priorisiert.
Ermöglicht auch eine bessere und leichtere inklusive Umsetzung
von Liveformaten im Fernsehen.Kindersendungen in Gebärdensprache zugänglich zu machen
Barrierearme Notruf- und Katastrophenwarnsysteme
Den Einsatz von Lichtklingeln, Vibrationsalarm in öffentlichen
Gebäuden als StandardEinführung eines einheitlichen Notrufs für Menschen mit
Hörbehinderungen (mit Vorrangschaltung wie bei einem normalen, unter
110 oder 112 abgesetzten Notruf)Verabschiedung einer Strategie für die inklusive Katastrophenabwehr
und die humanitäre Hilfe
Barriereärmere Praxen und Behandlungsstellen fördern
So verfügen lediglich 21 % der Praxen über einen für
Rollstuhlfahrende barrierefreien Zugang und von diesen nur jede
zehnte über zugängliche Sanitäranlagen. Diese Daten wurden nicht
vollständig bundesweit erhoben wurden und stammen aus der
Selbstauskunft der Praxen: Barrierefreiheit muss
Zulassungsvoraussetzung werden!
Einheitliches Barrierefreiheitssiegel, das von behinderten Menschen
gestaltet wird
Die Angebote für Kinder- und Jugenderholung inklusiver ausgestalten
Ausbau von bezahlbarem, barrierefreiem Wohnen und Wohnungsbau
Sozialbau muss 100% barrierefrei werden!
Mittel des Bundes zweckgebunden für den barrierefreien und -
reduzierenden Um- und Neubau sowie neue Sozialbindungen verwendenVertreter*innen von Menschen mit Behinderungen rechtzeitig
beteiligen
Barrierefreie Verwaltung: Barrierefreiheit als Maßgabe für Fördermittel
und Aufträge
Um die Bedienung von Hilfsmitteln zu erleichtern sollen alle Dokumente in
der Verwaltung maschinenlesbar werden
Für Gesetze soll eine Version in einfacher Sprache erstellt werden. Die
fertigen Texte sollen im Internet abrufbar sein. Wo immer Gesetze
veröffentlicht werden, soll die Version in leichter Sprache zum Vergleich
beigefügt sein, wenn dies zweckmäßig ist. Mindestens soll über den Zugang
zu dieser Version ausreichend, auffällig und niedrigschwellig informiert
werden. Generell gilt:Dies soll ohne inhaltlichen Verlust geschehen.
Der Aufwand muss innerhalb eines vertretbaren Rahmens liegen.
Bereiche, die besonders viele Menschen, besonders oft oder besonders
stark in ihren Grundbedürfnissen oder -rechten betreffen sollen
priorisiert werden. Dies gilt umso mehr, je umstrittener ein Gesetz
o.Ä. ist.
Häufig fehlen auch verlässliche Informationen über Barrierefreiheit oder das
Wort barrierefrei wird mit „barrierefrei für Rollstuhlfahrende“ gleichgesetzt.
Das macht es schwierig für Menschen mit Behinderung ihr Leben zu planen und am
öffentlichen Leben teilzuhaben.
Deswegen fordern wir:
Ämter und öffentliche Einrichtungen sollen online Beschwerdestellen zu
fehlender Barrierefreiheit einrichten
Verlässliche Informationen zu den Stellen vor Ort anzubieten
Verlässliche und zugängliche Informationen zu Barrierefreiheit z.B. bei
Behörden, Kulturstätten, usw.
Bildung
Wir brauchen eine gerechte, hochwertige und inklusive Bildung als Ziel auf allen
Ebenen! Dafür muss der Ressourcenvorbehalt aus dem Schulgesetz gestrichen
werden. Der Ressourcenvorbehalt ermöglicht es aktuell den Schulen, Kindern aus
Mangel an Betreuungspersonal oder anderen Ressourcen abzulehnen. Wir dürfen
Schule nicht alleine lassen. Wir wollen gemeinschaftliches Lernen ermöglichen
und erleichtern. Dafür muss es zumindest fürs Erste auch genügend
Sonderpädagog*innen an inklusiven Schulen geben. Außerdem müssen Gelder
bereitgestellt werden, damit Klassenzimmer inklusiv umgebaut werden können. Erst
durch die Förderung von ausreichen Personal und Infrastruktur ist inklusive
Bildung möglich. Gemeinschaftliches Lernen soll oberstes Ziel sein. Häufig
entscheiden heute Eltern und das Lehrpersonal, ob ein Kind geeignet ist für
gemeinschaftliches Lernen. Dabei wird das Kind oft vor vollendete Tatsachen
gestellt, denn nach der Förderschule fehlt oft die Anbindung an einen
Ausbildungsplatz. Eine Ausbildungsgarantie muss auch für Menschen mit
Behinderung gelten.
Zu einer gerechten Bildung gehört eine anti-diskriminierende Bildung.
Lehrende und Lernende, also z.B. Lehrer*innen und Schüler*innen sollen
dabei für Ableismus sensibilisiert werden. Dabei ist es wichtig den
Ursprung ableistischen Denkens und die Gefahren von gruppenbezogener
Menschenfeindlichkeit zu verstehen.Aufklärung über Ableismus in der NS-Zeit mit der Aktion T4
Um das gesellschaftliche Bewusstsein bzgl. psychischer Störungen
verstärken, wollen wir Aufklärkampagnen in Schulen, Ausbildung und
Studium integrieren
Das Thema „Behinderung“ sollte im Bildungsalltag selbstverständlich sein.
Hierzu gehören unter anderem die Berücksichtigung in Schulbüchern,
Angebote zum Erlernen der Deutschen Gebärdensprache und die Einbeziehung
von Behindertenverbänden in Bildungsangebote vor Ort
Barrierefreiheit und deren Umsetzung ist in die Ausbildungs- und
Studienpläne, Prüfungsordnungen, Weiterbildungsprogramme und
Schulungsmodule aller Berufssparten als Lehrinhalt verpflichtend
aufzunehmen
Verpflichtung von Schulbuchverlagen, Schulbücher maschinenlesbar und in
Braille bereitzustellen
Engere psychologische Begleitung von Lehrkräften und allgemein mehr
psychologische Unterstützung in Schulen als präventive Maßnahme, um eine
Doppelbelastung von Lehrkräften, bei zusätzlicher Unterstützung von
Schüler*innen mit Behinderung, vorzubeugen.
Einbindung von grundlegender sonderpädagogischer Didaktik in die
Ausbildung von Lehrkräften und Vermittlung inklusiver Kompetenzen
Lehrer*innen mit Behinderung müssen wir Nachteilsausgleiche gewährleisten
und ihre Teilhaberechte sicherstellen
Gemeinschaftliches Lernen ermöglichen:
Mehr Sonderpädagog*innen an Regelschulen
Oft kommt es zu Wechseln in ein externes Förderzentrum z.B. für
intensiv-pädagogischen Maßnahmen. Wir wollen stattdessen die
personelle und strukturelle Unterstützung von intensiv-pädagogischen
Maßnahmen an Regelschulen sowie die Ermöglichung der Einbindung von
multi-professionellen Teams in diese MaßnahmenDie zeitnahe Bereitstellung von technischen Hilfsmitteln, um die
Beschulung von Schüler*innen mit einer Hörbehinderung zu
erleichtern, und die Anpassung von räumlichen Gegebenheiten zur
Optimierung der RaumakustikAufstellung eines gemeinsamen Planungsrahmens „Inklusive Bildung“
für
Bund, Länder und Kommunen, indem materielle, räumliche, personelle
und
finanzielle Mittel bereitgestellt werden
Übergang von Schule in den Beruf für Menschen mit Behinderung fördern
Bereitstellung von zusätzlichen personellen und finanziellen
Ressourcen
für inklusive Beratungsstellen und Jugendberufsagenturen, damit
subjektzentrierte berufsvorbereitende Beratungen und
Individualmaßnahmen
ermöglicht werden. Aufgabe dieser Beratungsstellen soll es sein,
mittels
Persönlicher Zukunftsplanung, arbeitsweltbezogener Qualifizierung im
Rahmen von Schulungstagen, Akquise und Begleitung individuell
geplanter
Praktika, Unterstützung der Betriebe bei der Identifizierung der
Tätigkeitsbereiche, Job-Coaching und der Strukturierung von
Arbeitsabläufen im Praktikum, Schulungen und Unterstützung der
betrieblichen Anleiter*innen, Arbeit mit den Eltern und intensiver
Berufsorientierung für Schüler*innen mit Behinderung neue
Perspektiven für
den Übergang zwischen Schule und Beruf für alle Schüler*innen zu
ermöglichen.Öffentlich geförderte Ausbildungs- und Praktikumsstellen, damit
Maßnahmen
wie die Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen möglich
werden. Dazu sollte besonders der öffentliche Dienst herangezogen
werden.Hervorheben von Best-Practice-Beispielen und Vernetzung und Beratung
für
interessierte BetriebeKeine Überprüfung durch die Agentur für Arbeit, in welchem Maße eine
Erwerbsfähigkeit vorliegt.
Ableismus bekämpfen – eine wehrhafte Demokratie schaffen
Das Leben von Menschen mit Behinderung ist geprägt durch alltägliche
Diskriminierungserfahrungen. Dabei erleben FINTA* Personen mit Behinderung
überdurchschnittlich oft im Gegensatz zu FINTA* Personen ohne Behinderung
sexualisierte Gewalt. Jede dritte bis vierte Frau mit Behinderung (4) hat in
ihrer Kindheit und Jugend sexualisierte Gewalt erfahren. Das ist zwei- bis
dreimal häufiger als bei Frauen ohne Behinderung. Daten über trans* und nicht-
binäre Personen gibt es kaum. Klar ist aber auch, die Einrichtungen und
aktuellen Strukturen fördern diese Übergriffe eher, als das sie sie verhindern.
Was wir jetzt brauchen, ist gute Prävention durch:
Präventionskonzepte für Betreuungspersonen und Mitarbeiter*innen der sogenannten
Behindertenhilfe, Lehrer*innen, Fachberater*innen oder auch Eltern von Kindern
mit Behinderung.
Aber nicht nur müssen wir handeln, bevor es zu einer Gewalttat kommt. Ein guter
Rechtsschutz und eine gleichberechtigte juristische Behandlung muss her.
Vorbehalte, mangelnde Sensibilisierung und Sachkenntnis der an der
Strafverfolgung beteiligten Akteur*innen sowie fehlende bedarfsgerechte und
barrierefreie Angebote beschränken Zugänge zu Justiz oder zu therapeutischen
Behandlungen.
Wir fordern:
Eine systematische Überarbeitung der Verfahrensregeln im Hinblick auf
Barrieren in der Gerichtsbarkeit, angefangen von baulichen Hürden bis hin
zu schwerer Sprache
systematische Verankerung von Fortbildungsmaßnahmen für Akteur*innen des
Justizwesens, von Polizei über Staatsanwaltschaft bis hin zur
Richterschaft
eine Bund-Länder-Finanzierung zur Schaffung von barrierefreien
SchutzräumenBarrierefreiheit in bestehender Frauenhäuser und
FrauenfachberatungsstellenSchutzräume für queere Menschen, BiPoCs und geflüchtete Menschen
barrierefrei ausbauen
Gebärdensprache als Minderheitensprache anerkennen
Leichte Sprache stärken
Weiterhin ist in jeglicher Hinsicht auf diskriminierungsfreie Sprache in
Ämtern und Unternehmen zu achten
Das selbstbestimmte Leben von Menschen mit Behinderung, die schwanger werden
können, muss auch sichergestellt werden. Oft sind sie sterilisiert und das
deutlich öfter als Menschen ohne Behinderung, die schwanger werden können. Auch
Menschen mit Behinderung, die schwanger werden können, müssen neutral über
verschiedene Verhütungsmittel aufgeklärt werden!
Was wir nicht vergessen dürfen: Ein beachtlicher Anteil von Gewalt geht von
staatlichen Institutionen aus. Viele der rassistischen Polizeimorde richten sich
gegen psychisch kranke Personen. Durch die ständige Separierung vom Rest der
Gesellschaft sind Behinderte Menschen in Förderschulen, Werkstätten und
Wohnheimen Gewalt und Machtmissbrauch oft jahrelang schutzlos und hilflos
ausgesetzt. Im Para-Sport erleben im Vergleich noch mal wesentlich mehr
Sportler*innen sexualisierte Gewalt – jahrelang wurde weggeschaut, jetzt fängt
die Aufarbeitung gerade erst an.
Wir fordern:
Anti-Ableismus-Plan:
Ableistische Gewalt als solche verfolgen und diese auch in
Polizeistatistiken widerspiegelnKlares Vorgehen gegen ableistische Gewalt, auch in den staatlichen
Institutionenauch hier sind unsere Kämpfe intersektional- Verschränkungen von
Ableismus mit anderen Diskriminierungen aufzeigen und gemeinsam
bekämpfen
Geflüchtete Menschen mit Behinderung unterstützen:
Therapieangebote in mehreren Sprachen anbieten
§ 100 Absatz des Sozialgesetzbuches 9 aufheben. Nach dieser
Vorschrift haben Menschen, die leistungsberechtigt nach dem
Asylbewerberleistungsgesetz sind, keinen Anspruch auf Leistungen der
Eingliederungshilfe für Menschen mit BehinderungBarrierearme Fluchtwege fördern
Inklusion ist ein Querschnittsthema - die Perspektive und Situation von Menschen
mit Behinderung muss in allen Politikbereichen und bei jeder Maßnahme mitgedacht
werden!
So häufig betonen wir, wie wichtig es ist, Menschen mit Behinderung zu fördern.
Dabei sollte unser Fokus aber nicht nur auf den wirtschaftlichen Nutzen eines
Lebens gelten. Diesen kapitalistischen Leistungsgedanken lehnen wir ab.
Stattdessen muss es bei Inklusion um ein selbstbestimmtes, würdevolles und
gleichberechtigtes Leben gehen. Das Leben von Menschen mit Behinderung muss auch
in der Mitte der Gesellschaft stattfinden. Jedoch werden Menschen mit
Behinderungen oft in Sondereinrichtungen betreut: Sie wohnen oft in Wohnheimen
für Menschen mit Behinderungen. Sie arbeiten häufig in Werkstätten. Kinder mit
Behinderungen gehen oft in Sonderschulen. Dabei werden so viele Menschen mit
Behinderungen ausgeschlossen und an den Rand der Gesellschaft gedrängt (/rw).
Nicht nur metaphorisch, sondern auch baulich. Viele der eben benannten
Einrichtungen findet man an Stadträndern und Außenbezirken. Viele nicht-
behinderte Menschen kennen keine Menschen mit Behinderung und wissen auch nichts
über sie. So stellen wir uns eine inklusive Gesellschaft nicht vor! Diese
Abgrenzung verschärft nur Ableismus.
Außerdem gilt immer: Nichts über uns, ohne uns. Wir brauchen dafür mehr Menschen
mit Behinderung in entscheidenden Führungspositionen und eine Vertretung, die
nicht nur berät, sondern der auch ernsthaft zugehört wird und mit Entscheidungen
trifft.
Wir wollen Ableismus bekämpfen und das intersektional. Dafür setzen wir uns als
GRÜNE JUGEND ein: bundesweit, aber auch international. Wir werden solange
kämpfen bis Inklusion als Menschenrecht komplett umgesetzt ist!
Verweise
Mit Menschen mit Behinderung sind im gesamten Antrag gemeint: Behinderte,
Taube, chronisch und/oder psychisch kranke, sowie neurodivergente Personen
Der 2. Arbeitsmarkt werden Arbeitsverhältnisse bezeichnet, die durch
aktive Arbeitsmarktpolitik entstehen und hat das Ziel, Arbeitslosigkeit zu
verringern. Darunter fallen auch Werkstätten für Menschen mit Behinderung
Zwei Sinne Prinzip ist ein wichtiges Prinzip für barrierefreie Gestaltung
von Gebäuden und Informationssystemen. Nach diesem Prinzip müssen zwei der
drei Sinne „Hören, Sehen und Tasten“ angesprochen werden.
Die Statistiken gehen von den binären Geschlechtskategorien Mann und Frau
aus. Dabei ist dies besonders prekär, weil besonders neurodivergente
Personen öfter genderqueer sind als neurotypische Personen.