Veranstaltung: | 1. Länderrat 2023 |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Länderrat |
Beschlossen am: | 02.07.2023 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Kein Ausbau fossiler Infrastruktur!
Beschlusstext
In den letzten Jahrzehnten ist die Energieversorgung in Deutschland maßgeblich
auf Energieimporte aus Russland in Form von Erdgas aufgebaut worden. Das hat
sich durch den brutalen Überfall Russlands auf die ganze Ukraine radikal
geändert.
Bis dahin gab es verschiedene Vorhaben, LNG-Kapazitäten in Deutschland
aufzubauen, diese sind aber aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit gescheitert
oder wenigstens nicht weiter verfolgt worden.
Durch den Wegfall russischen Billiggases hat sich der Preis von Energieträgern,
insbesondere Gas, stark erhöht und LNG ist wirtschaftlich attraktiver geworden.
Große Teile der Industrie, insbesondere der Petrochemie, sind nach wie vor auf
Erdgas angewiesen und von den Preisen abhängig.
Die Bundesregierungen der letzten Jahre haben dabei Erdgas als die saubere und
klimafreundliche Alternative zu anderen Energieträgern dargestellt und damit
keine Ambitionen gezeigt, den Ausstieg aus diesem Energieträger in die Wege zu
leiten.
Ein Ausbau der LNG-Infrastruktur ist damit vor allem eine milliardenschwere
Subventionierung von fossilen Geschäftsmodellen, zu Gunsten von wenigen
Großkonzernen und zulasten von Mensch und Umwelt.
Erdgas ist nicht klimafreundlich und wird es auch nie sein. Durch Leckagen ist
die Klimawirkung von Erdgas nicht einmal besser als die von anderen
Energieträgern.
Die Grüne Jugend fordert einen schnellen Ausstieg aus Erdgas, denn sauberes
Erdgas ist eine dreckige Lüge!
Statt den Wegfall von russischem Erdgas durch einen massiven und lange
verschlafenen Ausbau der erneuerbaren Energien zu kompensieren, bleibt die
Bürokratie für Solaranlagen und insbesondere für Windkraftanlagen viel zu hoch.
Die Handbremse, die in der Energiewende in den letzten Jahrzehnten angezogen
wurde, ist noch immer nicht gelöst.
Gleichzeitig sollen mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz für fossile Infrastruktur
nicht nur die Bürokratie abgebaut werden, die bei den Erneuerbaren die
Energiewende systematisch ausbremst, sondern darüber hinaus auch noch alle
anderen Umweltprüfungen. Begründung ist eine kurzfristige, wenige Monate
andauernde potentielle Gasmangellage, die durch Sparmaßnahmen und geregeltes
Herunterfahren von industriellen Verbrauchen kompensiert werden könnte.
Unter der Schutzbehauptung, die Versorgungssicherheit gewährleisten zu wollen,
werden massive Umweltschäden für unnötige fossile Überkapazitäten billigend in
Kauf genommen.
Die Grüne Jugend kritisiert dieses Vorgehen scharf und fordert ein Moratorium
für alle Verfahren, die nach dem LNG-Beschleunigungsgesetz durchgeführt werden.
Grundlegende Umweltgesetze müssen eingehalten werden!
Die Umrüstung auf Wasserstoff ist entgegen anfänglicher Behauptungen technisch
nicht möglich. Die Umrüstung auf Wasserstoffderivate wie Ammoniak ist mit
gigantischen Kosten verbunden. Damit werden die Terminals in naher Zukunft
keinen Beitrag zur Versorgung mit Wasserstoff beitragen, zumal nicht geklärt
ist, woher in entsprechenden Mengen Wasserstoff oder Wasserstoffderivate bezogen
werden sollen. Dabei ist aus Sicht der Grünen Jugend ausschließlich grüner
Wasserstoff eine Option und auch nur dann, wenn dieser ohne Ausbeutung von
Menschen, ohne signifikante Umweltzerstörung und ohne weitere klimaschädliche
Emissionen produziert wird.
Als Grüne Jugend kritisieren wir insbesondere auch die ausbeuterischen Systeme,
in denen das Erdgas, das als LNG transportiert werden soll, gefördert wird.
Während das Pipelinegas aus Russland durch die Sanktionen der EU nicht mehr
bezogen wird, ist der Import von dem gleichen Gas per Schiff nach wie vor
zulässig und war zuletzt auch Praxis. Das Verbot von Pipelinegas als Reaktion
auf den Angriff Russlands auf die ganze Ukraine ist richtig, um das völker- und
menschenrechtsfeindliche System Putin zu schwächen, doch eine Sanktionierung
lediglich einer Transportweise, um auf eine umweltschädlichere zurückzugreifen,
kann und darf nicht im Sinne der Sanktionen sein.
Es ist davon auszugehen, dass ein signifikater Teil der Gasmenge etwa aus den
USA kommen wird. Das die "älteste Demokratie" ein großes Problem mit Rassismus
und Ungleichheit hat, ist bekannt. Doch bei der Ausbeutung von Erdgasvorkommen,
oft durch Fracking, spitzt sich dieser unhaltbare Zustand dramatisch zu. Die
gigantischen Gewinnmargen bleiben in den Taschen der Konzerne, während die
Anlagen ganze Landstriche zerstören und Arbeiter*innen mit niedrigen Löhnen
abgespeist werden. Die Umweltzerstörungen sorgen dafür, dass Böden nicht mehr
bewirtschaftet werden können und das Grundwasser vergiftet ist. Betroffene
Menschen sind überdurchschnittlich oft arme Menschen und People of Colour.
Weitere Staaten, die als Expoteure im Gespräch sind wie etwa Quatar für
Ausbeutung und Missachtung von Menschenrechten und Umwelt- und Klimaschutz
bekannt. Der Import von LNG aus diesen Ländern befördert die Energieversorgung
in eine neue Abhängigkeit von Autokratien. Die Folgen einer solchen Abhängigkeit
sind bei der Abhängigkeit von russischem Gas deutlich geworden. Dieser Fehler
darf nicht noch einmal begangen werden.
Die Grüne Jugend fordert, keine neuen Abhängigkeiten von autokratischen Systemen
zu schaffen.
Bei dem staatlich organisierten Aufbau neuer Infrastruktur dürfen keine neuen
Ungleichheiten und Klima- und Umweltzerstörungen entstehen oder bestehende
gefestigt werden. Eine zukunftsfähige, weil sichere, soziale, umwelt- und
klimafreundliche Energieversorgung ist nur durch den Ausbau von Erneuerbaren
Energien vor Ort möglich.
Begründung
Quellen:
Wirtschaftlichkeit und Lock-Inn
LNG aus Russland
LNG aus den USA