Veranstaltung: | 1. Länderrat 2020 |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | P – Aktuelle politische Entwicklungen |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Länderrat |
Beschlossen am: | 19.01.2020 |
Eingereicht: | 21.01.2020, 13:06 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Für einen CO2 Preis, der wirklich etwas verändert
Beschlusstext
Der Sommer 2019 war der heißeste seit Beginn der Wetteraufzeichnung. Durch die
anhaltende Dürre kam es in Brandenburg zu den größten Waldbränden aller Zeiten
und auch in Portugal, Spanien, Australien, Brasilien, Zentralafrika und in der
Arktis standen 2019 große Flächen in Flammen. Dabei wurde extrem viel CO2
freigesetzt, und die Folgen treffen insbesondere Menschen im Globalen Süden, die
sich nicht vor den Folgen schützen können.
Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen: Die Klimakrise ist da, doch die Große
Koalition hat in den letzten Jahren eher mit Unwissen und Blockadehaltung die
Klimapolitik Deutschlands und Europas bestimmt.
Das vorgeschlagene Klimapaket der Bundesregierung vom September 2019 reicht
nicht aus, um die eigenen Klimschutzziele bis 2030 zu erreichen, die
Erreichbarkeit von 1,5 Grad des Pariser Abkommen liegt in weiter Ferne. Jahr für
Jahr schiebt die Große Koalition die Reduktionsverpflichtungen weiter vor und
jedes Jahr stoßen Deutschland und Europa mehr CO2 aus, als uns noch rechnerisch
zusteht.
Es ist schon lange nicht mehr 5 vor 12! Um die Klimakrise im heutigen Stadium
noch eindämmen zu können, brauchen wir ab sofort eine Kehrtwende in der Politik.
Neben einem Klimavorbehalt, der alle weiteren Maßnahmen und Gesetze der
Bundesregierung prüfen soll und einem Instrumentenmix, der die Verkehrs-, Agrar-
, Industrie-, Gebäude- und Energiesektoren gleichermaßen unter die Lupe nimmt
und eine Transformation in allen Bereichen ermöglicht, fordern wir einen CO2-
Preis, der schon heute Wirkung zeigt und den Wandel weg von klimaschädlichen
Prozessen verschnellert.
Nur ein ambitionierter CO2 Preis kann Wirkung zeigen
Ein CO2-Preis kann dazu dienen, dass ambitionierter Klimaschutz schneller
vorankommt, da der Marktmechanismus klimaschädliche Prozesse bei einem
angemessenen Preis verhindert. Für uns ist allerdings klar, ein CO2-Preis ist
nur dann auch wirklich gut und fair für eine Gesellschaft, wenn er sozial
gerecht gestaltet wird.
Das Umweltbundesamt schätzt die Schäden, die eine Tonne CO2 anrichtet, auf 180 €
pro Tonne (in Preisen für 2016 gerechnet), wenn man die Schäden für zuküntige
Generationen noch beachtet sogar auf 640 €. Der CO2-Preis von 25 €, auf den sich
der Vermittlungsausschuss im Dezember 2019 geeinigt hat, ist nicht hoch genug,
um überhaupt eine Wirkung zu zeigen und die ersten klimaschädlichen Prozesse
sofort zu beenden. Ein CO2-Preis, der wirklich Wirkung zeigt, muss bei
mindestens 50 € beginnen, wie verschiedene Studien begründen (u. a. von Agora
Energiewende).
Die GRÜNE JUGEND fordert einen CO2-Preis von 80 € ab 2020 und einen Anstieg von
30 € pro Jahr für alle Sektoren. Dies würde bedeuten, dass wir 2024 einen Preis
von 200 € erreichen. Ebenfalls fordert die GRÜNE JUGEND in diesem Zusammenhang
ein unabhängiges Gremium bestehend aus Klima- und
Wirtschaftswissenschaftler*innen, das im Umweltbundesamt angegliedert ist,
welches jährlich überprüfen soll, ob die Höhe des CO2-Preises ausreicht und
generationengerecht ist oder doch erhöht werden muss.
Andere Staaten in Europa gehen mit gutem Beispiel voran: So haben sowohl
Schweden mit 115 € pro Tonne als auch die Schweiz mit 96 Franken pro Tonne einen
CO2-Preis, der schon heute Wirkung zeigt.
Das Aufkommen aus der Steuer muss durch Mechanismen wieder zurück an die
Menschen verteilt werden, um soziale Gerechtigkeit zu garantieren. Deswegen
fordert die GRÜNE JUGEND ein Energiegeld von 300 € jährlich, das an alle
Bürger*innen gegeben wird. Dieses soll dann in Relation zum steigenden CO2-Preis
weiter anwachsen. Dieser Mechanismus führt dazu, dass Haushalte, die weniger
Energie verbrauchen, auch mehr Geld erstattet bekommen. Bei einer Steigerung des
CO2-Preises muss das Energiegeld dementsprechend zurück an die Menschen verteilt
werden, um eine Mehrbelastung ärmerer Haushalte zu verhindern.
Die übrigen Einnahmen, die nicht in ein Energiegeld für Bürger*innen fließen,
sollen in Gänze in klimaschonende Maßnahmen fließen und so einen schnelleren
Wandel ermöglichen, um damit die Zukunft kommender Generationen zu sichern und
kommende Schäden möglichst gering zu halten.
Als GRÜNE JUGEND fordern wir, (unter anderem) Maßnahmen zu priorisieren, die
sowohl klimaschonend sind, als auch die soziale Spaltung bekämpfen. Als gutes
Beispiel kann hier eine Initiative des Ausbaus und der Vergünstigung des
Öffentlichen Nah-/Fernverkehrs dienen. Wir wollen klar machen: Soziale
Gerechtigkeit und der Kampf gegen die Klimakrise sind miteinander vereinbar und
stehen in keinem Widerspruch zueinander!
Alle Gelder sofort raus aus klimaschädlichen Prozessen
Neben einem CO2-Preis fordert die GRÜNE JUGEND sofort alle Subventionen in
klimschädliche Prozesse zu beenden. Damit werden sowohl die Steuerbefreiung von
Rohöl zur Plastikherstellung als auch der Beschaffungszuschuss für Ölheizungen
und die Subventionen von Kohlekraftwerken sofort eingestellt. Auch die
Energiesteuerbefreiung des Kerosins und die Mehrwertsteuerbefreiung für
internationale Flüge sind umgehend aufzuheben. Gleiches gilt beispielsweise auch
für das Dieselprivileg oder die Agrardieselvergütung.
Leider haben klimaschädliche Unternehmen an Kapitalmärkten auch jetzt noch
leichtes Spiel, an Geld für neue CO2-intensive Investitionen zu kommen. Selbst
öffentliche Kapitalanlagen in klimaschädliche Unternehmen sind absolut gängig.
Das muss sich ändern! Die GRÜNE JUGEND fordert, dass jegliche öffentliche
Beteiligung an klimaschädlichen Unternehmen beendet und Finanzmittel divestiert
werden. Wir wollen, dass sich öffentliche Akteur*innen ausschließlich an
erneuerbaren Ernergieträgern beteiligen.
Öffentliche Mittel für Universitäten und Forschungsinstitute, die bisher zur
weiteren Erforschung fossiler Energieträger zur Verfügung gestellt wurden, will
die GRÜNE JUGEND zur Forschung an Erneuerbaren Energien oder auch der
Klimafolgenanpassung einsetzen.
Marktmechanismen alleine werden die Welt nicht retten – wir
brauchen einen Systemwandel
Ein CO2-Preis und weitere finanzpolitische Mechanismen, wie ein Ende aller
klimaschädlichen Subventionen, werden die Klimakrise allein nicht beenden.
Vielmehr ist die Mehrwertlogik und der damit verbundene Wachstumszwang des
Kapitalismus das Problem. Für uns ist klar, dass wir ein anderes
Wirtschaftssystem brauchen, in dem Wohlstand nicht mehr auf Ausbeutung von
Mensch und Natur beruht. Wir müssen über das kapitalistische System hinaus
denken und ein sozial-ökologisches Wirtschaftssystem entwickeln, das die
Bedürfnisse von Menschen sowie den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlage in
den Mittelpunkt stellt und entlang dieser Linien technischen Wandel gestalten
und nutzen.
Ordnungspolitik wie ein Kohleausstieg vor 2030 in ganz Europa, Preispolitik,
Daseinsvorsorge, eine starke öffentliche Hand sowie Förder- und
Investitionspolitik müssen heute den Rahmen setzen, können jedoch niemals eine
langfristige Lösung sein. Für uns ist klar: Nur wenn wir unsere Wirtschaft
grundlegend verändern und eine sozial-ökologische Transformation außerhalb des
Kapitalismus und der Wachstumslogik schaffen, kann unsere Lebensgrundlage
langfristig bestehen und ein gutes Leben für alle Menschen garantiert werden.