Veranstaltung: | 56. Bundeskongress |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | 0.B-W Wahl weitere Vorstandsmitglieder |
Antragsteller*in: | Svenja Appuhn |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 05.09.2022, 16:02 |
B-W 7: Svenja Appuhn
Vorstellung
Die Klimakrise schreit vor Ungerechtigkeit
“We are living in hell” - so fasst ein Bewohner Turbuts, einer Stadt im Süden Pakistans, die Hitzewelle zusammen, die Pakistan im Frühjahr dieses Jahres erschüttert: tagelang klettern die Temperaturen auf fast 50 Grad. Wenige Monate später steht ein Drittel des Landes unter Wasser. Binnen weniger Tage sterben mehrere tausend Menschen, Millionen Häuser werden zerstört, mehr als 30 Millionen Menschen sind auf der Flucht. Die Klimakrise trifft nicht alle gleich. Pakistan verantwortet nur einen Bruchteil aller Treibhausgasemissionen, ist aber einer der 10 am stärksten vom Klimawandel bedrohten Staaten. Selbst inmitten einer der schwersten Klimakatastrophen, die die Welt gesehen hat, kann sich das Land nicht einmal darauf verlassen, dass die vereinigte Staatengemeinschaft sofort handlungsfähig ist, um humanitäre Hilfe zu leisten. Und dass Deutschland, historisch einer der größten Verursacher von Treibhausgasen, es im Angesicht dieser Katastrophe nicht einmal schafft, Klimaschutzsofortprogramme aufzulegen, die die selbstgesteckten Klimaziele einhalten könnten, schreit vor Ungerechtigkeit.
Solidarität muss grenzenlos sein
Von Mai bis August diesen Jahres habe ich ein Praktikum bei einer zivilgesellschaftlichen Organisation in Nordostindien gemacht. Ich wollte lernen, wie sich Lebensbedingungen im globalen Süden auf die Gesundheit von Menschen auswirken und verstehen, weshalb der Zugang zu Krankenversorgung so ungleich ist. Ich habe mit Menschen gesprochen, die mir erzählt haben, dass im Sommer kein Krankenwagen kommt, weil der Fluss, der das Dorf anschließt, dann über die Ufer tritt und es keine Brücke gibt. Ich habe gesehen, dass viele Familien weder eine Toilette, noch Zugang zu sauberem Trinkwasser haben. Und ich habe mit Menschen gesprochen, die den Glauben daran, dass sich irgendjemand außer ihnen selbst um ihre grundlegendsten Bedürfnisse kümmern würde, längst verloren haben.
Wenn die einen im Privatjet um die Welt düsen, während Millionen Menschen auf dieser Welt hungern, vor Fluten und Hitzewelle fliehen, keinen Zugang zu Krankenversorgung haben und nur wenig Aussicht auf ein Leben haben, in dem sie selbstbestimmte Entscheidungen über ihr Leben treffen können, dann ist das eine dermaßen absurde Ungerechtigkeit, für die wir Worte finden müssen. Laute Worte. Die Antwort auf diese Zustände muss internationale Solidarität sein. Ein nachgeschärftes Lieferkettengesetz, ein Schuldenschnitt für überschuldete Länder des globalen Südens, eine Finanzierung der Schäden von Klimakatastrophen, ein Aussetzen von geistigen Eigentumsrechten etwa bei Medikamenten und die Stärkung von internationalen Organisationen - es fehlt nicht an Ideen, sondern an politischem Willen für mehr globale Solidarität. Dass die Ampel nun plant, den Entwicklungsetat zu kürzen, zeigt, wie weit die politische Realität von unserem Anspruch entfernt ist. Besonders jetzt, wo Knappheiten und Krisen zunehmen, braucht es mehr und nicht weniger internationale Solidarität!
Viele von uns haben sich politisiert und sind zur Grünen Jugend gekommen, weil sie die massiven globalen Ungerechtigkeiten nicht mehr aushalten konnten. Ich möchte im kommenden Jahr daran arbeiten, dass die Grüne Jugend noch mehr zu einer Stimme für globale Gerechtigkeit wird.
Unser Feminismus ist grenzenlos
Auf der ganzen Welt werden Frauen und genderqueere Personen immer noch systematisch von politischer Macht ferngehalten – mit fatalen Folgen: Unvorstellbare 12,5 Milliarden Stunden unbezahlte Arbeit, die Frauen jeden Tag weltweit leisten, sind Ausdruck eines Systems, das weltweit darauf baut, dass ein großer Teil der Sorgearbeit unbezahlt geleistet wird. Dort, wo Frauen in Lohnarbeit sind, arbeiten sie häufiger in prekären Jobs, werden schlechter bezahlt und sind oft noch dazu von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz bedroht. Und noch dazu müssen genderqueere Menschen überall auf der Welt um ihr Leben fürchten. Der grausame Mord an Malte auf dem CSD in Münster hat uns vor Augen geführt, dass Deutschland keine Ausnahme ist.
Immerhin: Weltweit organisieren wir uns gegen diese Unterdrückung: ob in Streiks für eine faire Bezahlung in Careberufen, in großen Demonstrationen für den sicheren Zugang zu Schwangerschaftsabbrüchen oder in Kämpfen für geschlechtliche Selbstbestimmung. Doch zur Wahrheit gehört auch: Nicht alle von uns haben den gleichen Zugang zu Ressourcen, den gleichen Schutz vor Repression oder gleich viel Rückhalt. Mit einer wirklich feministischen Außen- und Entwicklungspolitik, aber auch mit gezielten Bündnissen mit Feminist*innen weltweit, in denen wir Kämpfe verbinden, müssen wir Unterdrückung den Kampf ansagen!
Gerne möchte ich mit daran arbeiten, genau diese Bündnisse zu schmieden, aber auch innerhalb unseres Verbandes unser theoretisches Wissen zu Internationalismus und Feminismus zu stärken. Dabei möchte ich ganz besonders Frauen und genderqueere Menschen aus unserem Verband empowern, Banden zu bilden und sich in Debatten lautstark einzumischen. Gemeinsam mit dem Geschlechterstrategieteam möchte ich darüber hinaus an Ideen und Konzepten werkeln, wie wir die Frauen- und Queerförderung insbesondere auf Ebene der Landes- und Ortsverbände stärken können.
Deshalb die Grüne Jugend
Lange wusste ich nicht, wohin mit den Ungerechtigkeiten dieser Welt. Aufgefangen hat mich in meiner Schulzeit die Landesschüler*innenvertretung – ein Ort, an dem ich auf anderen Menschen getroffen bin, die Worte und Strategien gegen die Ungerechtigkeiten in unserem Bildungssystem hatten. Wenig später bin ich zur Grünen Jugend gekommen, weil sie für mich ein Ort war, an dem Ungerechtigkeiten und politische Kämpfe zusammengedacht wurden. Ein Ort, an dem man sich nicht mehr entscheiden musste, ob man jetzt erstmal gegen die Klimakrise, für soziale Gerechtigkeit oder Feminismus auf die Straße geht. Die Grüne Jugend war und ist für mich ein Ort, der Menschen eine Stimme und ein politisches zu Hause gibt, die die Ungerechtigkeiten dieser Welt nicht mehr ertragen können.
CDU in die Opposition - und jetzt?
“CDU in die Opposition” - das stand auf einem Plakat, das wir kurz vor der Bundestagswahl über den Klimastreik in Hannover getragen haben. Unsere Erwartungen an eine Regierung ohne diese Partei waren groß. Es waren die Merkel-Regierungen, die uns in eine fatale fossile Abhängigkeit gestürzt haben und dabei zugesehen haben, wie immer mehr Menschen von ihrer eigenen Arbeit nicht mehr leben konnten. Dass es Parteien links der Mitte nicht geschafft haben, eine Mehrheit auf sich zu vereinen, obwohl Klima- und Sozialpolitik im Zentrum politischer Debatten standen, war bitter. Aber es war das Ergebnis einer noch immer zerstrittenen, oft strategielosen und von vielen Menschen zu weit entfernten politische Linken. Und es war das Ergebnis großer Angst vor großen Umbrüchen - getragen von der realen Erfahrung oder der Angst vieler Menschen, bei harten Umbrüchen zurückgelassen zu werden.
Für uns ist klar: der Kampf für Klimagerechtigkeit und das gute Leben hat nicht an dem Tag geendet, an dem die CDU endlich abgewählt wurde. Dass eine Koalition unter Beteiligung einer FDP, die Mobilität für breite Massen als “Gratismentalität” abtut, und Vermögenssteuer zur Beteiligung der Reichen an den Kosten der Krise kategorisch ausschließt, nicht die Veränderungen bringt, die wir brauchen, erleben wir im Moment jeden Tag.
Als Grüne Jugend wollen und müssen wir daran arbeiten, was die politische Linke in den letzten Jahren nicht ausreichend geschafft hat. Wir wollen Menschen eine Stimme für die Ungerechtigkeiten geben, die sie selbst sehen und erleben und sie für ein besseres Morgen organisieren. Mit Aktionen vor Ort und einer lauten Stimme in der überregionalen Debatte wollen wir Menschen dafür begeistern, dass es gerechter zugehen kann - vor der Haustür und global. Dass eine Welt möglich ist, in der unser Wirtschaftssystem den Menschen dient, und nicht andersherum.
Als Sprecherin der Grünen Jugend Niedersachsen durfte ich zwei Jahre lang daran mitwirken, dass wir mehr und schlagkräftiger werden. Meine Amtszeit endete nach der Bundestagswahl - mein Wille, als Teil der Grünen Jugend weiter für Veränderung zu streiten, aber nicht. Deshalb würde ich mich riesig freuen, als Teil des Bundesvorstands daran mitzuwirken, dass wir im Herbst für soziale Gerechtigkeit auf die Straße gehen,als Verband internationalistischer werden, unsere Strukturen weiter professionalisieren und solidarisch vor allem die Landesverbände und Ortsgruppen unterstützen, die am meisten Unterstützung brauchen.
Also, packen wirs an!
Eure Svenja
Über mich
- 24 Jahre alt
- Wohne in einer tollen WG in Hannover
- Studiere Medizin und bin chronisch von unserem Gesundheitssystem abgefucked
- Bin sehr klein, sehe in Videokonferenzen aber angeblich gar nicht so klein aus
- Trinke zu viel Kaffee und rede zu schnell (vielleicht besteht ein Zusammenhang?)
Politisches:
Grüne Jugend
- 2019-2021 Sprecherin der GRÜNEN JUGEND Niedersachsen
- 2016-2017: Wahlkampfteam GRÜNE JUGEND Niedersachsen
- Seit 2016: Mitglied der GRÜNEN JUGEND
Grüne
- 2021-2022: Schreibgruppe Landtagswahlprogramm Grüne Niedersachsen
- Seit 2021: Kommunalpolitik im Bezirksrat Hannover Linden-Limmer
- Seit 2021: Mitglied im Parteirat Grüne Niedersachsen
- Seit 2017: Sprecherin LAG Mobilität und Verkehr Grüne Niedersachsen
Weitere politische Arbeit
- 2017-2020: Hochschulpolitik Medizinische Hochschule Hannover
- 2016-2017: FSJ Stiftung Leben und Umwelt / Heinrich-Böll-Stiftung Niedersachsen
- 2015-2016 Landesschulsprecherin Hessen
Mitglied bei (Auswahl)
- Ver.Di
- Flüchtlingsrat Niedersachsen
- vdää - verein demokratischer ärztinnen und ärzte
- ADFC
- SV-Bildungswerk
Hier findet Ihr mich im Netz:
- Twitter: @SvenjaAppuhn
- Instagram: @svenja_appuhn