Veranstaltung: | 2. Länderrat 2024 |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 4 Verschiedene Anträge |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | Länderrat |
Beschlossen am: | 14.12.2024 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Solidarität statt Rechtspopulismus: Für eine diskriminierungsfreie Sprache im Wahlkampf!
Beschlusstext
Am 23. Februar wird ein neuer Bundestag gewählt. Als Grüne Jugend stellen wir
uns einem sprachlichen Überbietungwettkampf von rechts entschieden entgegen.
Wenn ein sozialdemokratischer Bundeskanzler im "großen Stil" abschieben möchte
und ein CDU-Kanzlerkandidat durch rassistische Aussagen wie der von einem
vermeintlichen "Sozialtourismus" von Geflüchteten nach Deutschland auffällt,
müssen Vertreter*innen von Bündnis 90/Die Grünen sich dem klar entgegenstellen.
Dass solche Aussagen, die der CDU-Kanzlerkandidat getroffen hat, klar
rassistisch sind, ist nicht zu leugnen. Das sollte allgemein und auch von allen
Grünen anerkannt werden. Jede demokratische Partei hat eine große Verantwortung,
den politischen und gesellschaftlichen Diskurs mitzugestalten. Sprache schafft
Realität. Wir erleben seit Monaten einen massiven Rechtsruck in der politischen
Debatte, der insbesondere marginalisierte Menschen stark trifft. Gleichzeitig
nimmt die Zustimmung zu islamfeindlichen und antisemitischen Aussagen in der
Gesellschaft stark zu. Wir fordern die Grünen, insbesondere
Funktionsträger*innen, dazu auf, diskriminierungsfreie Sprache zu verwenden und
keine rechtspopulistischen Erzählungen aufzugreifen. Gerade mit Blick auf den
Wahlkampf ist das besonders wichtig. Wir als Grüne Jugend stehen für eine
Zukunft, in der alle Menschen sicher, selbstbestimmt und diskriminierungsfrei
leben können und in der alle Menschen, die Schutz suchen, auch Schutz bekommen.
Aktuell sehen wir oft, wie Politiker*innen demokratischer Parteien
rechtspopulistische Narrative aufgreifen, insbesondere in der Migrationspolitik
und Queerpolitik. In den vergangenen Wochen haben auch Vertreter*innen der
Partei Bündnis 90/Die Grünen mehrfach Aussagen getätigt, die für uns als Grüne
Jugend inakzeptabel sind.
Ein Beispiel hierfür ist die Verwendung des Slogans: "Make Green Great Again".
Wir können nicht nachvollziehen, warum der zentrale Wahlkampfspruch einer Person
übernommen wird, die frauenfeindliche, klimaskeptische, ableistische,
queerfeindliche und faschistische Positionen vertritt, um für die grüne Partei
zu werben. Das ist inakzeptabel! Durch die Übernahme solcher Slogans stärkt man
die Narrative der Urheber*innen. Wir haben es nicht nötig, uns vermeintliche
Erfolgsstrategien von Trump abzuschauen. Wir fordern daher eine klare
Entschuldigung und eine eindeutige Abgrenzung von derartigen Aussagen.
Ein weiteres Beispiel ist die Reduktion von Schutzsuchenden und
Asylbewerber*innen auf Personen, die in Deutschland "ihr Glück suchen" und die
"wir gebrauchen können" z.B. weil sie für uns in Pflegeheimen arbeiten sollen.
Viele Menschen suchen in Deutschland und Europa nicht einfach nur eine neue
Arbeitsstelle, sondern Schutz vor politischer Verfolgung und Krieg! Diese
Tatsache sollte in jedem grünen Interview über Asyl- und Migrationspolitik
gewürdigt werden. Menschen nur auf ihre Nützlichkeit zu reduzieren, ist
entmenschlichend. Wenn im selben Atemzug von Rechten gesprochen wird, die
"verwirkt werden", dann müssen wir als Grüne Jugend dem entschieden
entgegentreten und sagen: "Das Recht auf Asyl ist ein Menschenrecht. Ein
Menschenrecht kann nicht verwirkt werden!" Aussprüche von Rechten, die
"verwirkt" würden, erinnern an das rechte Narrativ vom "verwirkten Gastrecht".
Menschen, die in Deutschland Schutz suchen und sich hier ein Leben aufbauen,
sind keine Gäst*innen, die wir nach Belieben rausschmeißen können. Sie sind
unsere Mitmenschen und dementsprechend sollten wir sie auch in unserer Sprache
behandeln! Auch hier erwarten wir eine deutliche Entschuldigung und eine
Distanzierung von dieser Sprache.
Noch ein Beispiel ist ein Post einer Spitzenpolitikerin auf der Plattform "X",
in dem als Reaktion auf den Anschlag von Solingen gesagt wird, man habe ja zum
Glück schon geregelt, dass Abschiebungen auch nachts und ohne Vorankündigung
stattfinden können. Hier wird eine aus unserer Sicht problematische Verknüpfung
von Sicherheitspolitik und Migrationspolitik hergestellt. Diese Verknüpfung
schürt rassistische Vorurteile gegen geflüchtete Menschen und stellt sie unter
Generalverdacht. Zudem bedeuten nächtliche und unangekündigte Abschiebungen ein
retraumatisierendes Erlebnis für die Betroffenen. Dass der Post inzwischen
gelöscht wurde, reicht nicht aus. Es braucht auch hier eine Entschuldigung für
die Verwendung rassistischer Narrative.
Darüber hinaus verurteilen wir, dass in einem Antrag zur 50. BDK, der von
zahlreichen grünen Spitzenpolitiker*innen unterstützt wurde, neben vielen
inhaltlichen Punkten, die wir als Grüne Jugend ablehnen - wie der Auslagerung
von Asylverfahren in Drittstaaten - von der "Reduzierung ungesteuerter
Zuwanderung" geschrieben wird. Das Narrativ von Migration als vermeintlich
ungesteuerter "Gefahr", die "reduziert" werden müsse, lehnen wir ab, da auch
hier unschuldige Menschen unter Verdacht gestellt und entmenschlicht werden.
Migration ist eine Realität und sie kann nicht ohne massive
Menschenrechtsverstöße "reduziert" werden. Wir als Grüne Jugend treten diesem
Narrativ entschieden entgegen.
Ableismus bleibt ein tief verwurzeltes Problem in politischen Debatten und
gesellschaftlichen Strukturen. Wir setzen uns geschlossen gegen jede Form der
Diskriminierung aufgrund von Behinderungen, chronischen Erkrankungen oder
neurodiversen Merkmalen ein. Gleichzeitig fordern wir Bündnis 90/Die Grünen dazu
auf, sich aktiv mit Ableismus auseinanderzusetzen, um diskriminierende
Strukturen in der Partei und im öffentlichen Diskurs zu erkennen und abzubauen.
Es ist essenziell, dass ableistischer Sprache und Handlungen in politischen
Diskussionen entschieden widersprochen wird. Die Lebensrealitäten von Menschen
mit Behinderungen, chronischen Erkrankungen und neurodiversen Menschen finden in
politischen Debatten nach wie vor zu wenig Beachtung. Ihre Perspektiven und
Erfahrungen müssen sichtbar gemacht und in den Mittelpunkt gestellt werden. Wir
als Grüne Jugend sehen es als unsere Verantwortung, uns konsequent für ihre
Rechte einzusetzen und dafür Plattformen zu schaffen, auf denen sie ihre
Anliegen selbstbestimmt vertreten können.Der Bundesvorstand der Grünen Jugend
wird zudem aufgefordert, sicherzustellen, dass künftige Wahlkampagnen möglichst
barrierefrei gestaltet sind. Dies umfasst sowohl physische als auch digitale
Barrierefreiheit sowie die Vermeidung ableistischer Sprache und Darstellungen.
Bündnis 90/Die Grünen müssen für einen Politikstil stehen, der für alle Menschen
da ist und den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie stärkt.
Bündnisgrüne Politik muss sich daran messen lassen, wie viel Sicherheit sie für
marginalisierte Gruppen bietet. Eine antirassistische Sprache kann hier nur
einen Anfang darstellen.