V4NEU: Tiere sind keine Zirkusnummer!
Veranstaltung: | 2. Länderrat 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Delegierte der Grünen Jugend Hessen (dort beschlossen am: 25.11.2022) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 25.11.2022, 21:34 |
Veranstaltung: | 2. Länderrat 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | V Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Delegierte der Grünen Jugend Hessen (dort beschlossen am: 25.11.2022) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 25.11.2022, 21:34 |
Wir brauchen Veränderungen - auf Bundesebene!
Wir brauchen Veränderungen - auf Bundesebene!
Im Dezember 2021 hat die Stadt Rodgau im hessischen Landkreis Offenbach als
erste Kommune in Deutschland beschlossen, öffentliche Plätze nicht mehr an
Zirkusbetriebe oder Veranstalter*innen zu vergeben, die Tiere zur Schau stellen
(1). Basierend auf diesem Meilenstein im Schutz von Zirkustieren, hat die Grüne
Jugend Hessen im April 2022 einen Antrag zum Verbot der Zur-Schau-Stellung von
Tieren auf öffentlichen Plätzen beschlossen (2). Noch im selben Monat wurde der
Beschluss der Stadt Rodgau gerichtlich gekippt. Ein Zirkusbetreiber hatte
geklagt und das Verwaltungsgericht Darmstadt entschied: "Das Tierschutzgesetz
gibt keine Grundlage für ein Verbot der Haltung von Tieren in Zirkussen her"
(3). Damit ist klar: Wer konsequenten Tierschutz in Zirkusbetrieben will, muss
Veränderung auf Bundesebene schaffen!
Im Dezember 2021 hat die Stadt Rodgau im hessischen Landkreis Offenbach als erste Kommune in Deutschland beschlossen, öffentliche Plätze nicht mehr an Zirkusbetriebe oder Veranstalter*innen zu vergeben, die Tiere zur Schau stellen (1). Basierend auf diesem Meilenstein im Schutz von Zirkustieren, hat die Grüne Jugend Hessen im April 2022 einen Antrag zum Verbot der Zur-Schau-Stellung von Tieren auf öffentlichen Plätzen beschlossen (2). Noch im selben Monat wurde der Beschluss der Stadt Rodgau gerichtlich gekippt. Ein Zirkusbetreiber hatte geklagt und das Verwaltungsgericht Darmstadt entschied: "Das Tierschutzgesetz gibt keine Grundlage für ein Verbot der Haltung von Tieren in Zirkussen her" (3). Damit ist klar: Wer konsequenten Tierschutz in Zirkusbetrieben will, muss Veränderung auf Bundesebene schaffen!
Seit Jahrtausenden leben Menschen mit Tieren zusammen - die Jagd, sowie das Halten und Domestizieren von Tieren sicherte dabei nicht selten das menschliche Überleben. Klar ist aber auch: Tiere sind fühlende Wesen, die Freude und Zufriedenheit, aber auch Angst und Leid empfinden können. In einer Zeit und auf einem Teil der Erde, wo das Halten von Tieren schon länger keine absolute Lebensnotwendigkeit mehr darstellt, ist es deshalb die Pflicht von uns Menschen, bei der Haltung von Tieren immer streng abzuwägen, wie sich unser Handeln auf das Wohl der Tiere auswirkt. Dies betrifft auch die Zurschaustellung von Tieren im Zirkus.
Spätestens nachdem das Verwaltungsgericht Darmstadt im April 2022 befunden hat, dass das Tierschutzgesetze keine keine Grundlage für ein Verbot der Haltung von Tieren in Zirkussen hergibt und damit ein Beschluss der Rodgauer Stadtverordnetenversammlung gekippt hat, öffentliche Plätze nicht mehr an Zirkusbetriebe oder Veranstalter*innen zu vergeben, die Tiere zur Schau stellen, ist klar: Wer konsequenten Tierschutz in Zirkusbetrieben will, muss Veränderung auf Bundesebene schaffen!
Höchste Priorität hat für uns dabei, dass das Halten, Dressieren und zur Schau stellen von Wildtieren im Zirkus ein Ende hat. Anders als über Jahrhunderte und Jahrtausende domestizierte Tiere haben Wildtiere keine Anpassung an das Zusammenleben mit Menschen durchlaufen. Häufige Transporte, nicht-artgerechte Haltung und Beschäftigung, eine oftmals mit Gewalt durchgeführte Dressur sowie der ständige Kontakt zu Menschen führen bei Wildtieren im Zirkus nicht selten zu Verhaltensstörungen, Krankheit und sogar vorzeitigen Todesfällen. Eine Haltung, die den Bedürfnissen von Wildtieren entspricht, ist im Zirkusbetrieb praktisch nicht möglich. Für alle anderen Tiere im Zirkus (domestizierte Arten) muss darüber hinaus endlich der Zustand beendet werden, dass für sie schlechtere Mindeststandards bei der Haltung gelten als in anderen Haltungsformen.
Gemäß der Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Darmstadt, ermöglichen weder
das Tierschutzgesetz noch die Zirkusleitlinien den Kommunen, ihre Flächen nur an
Zirkusbetriebe ohne Tiere zu vergeben. Sie haben daher keine rechtliche
Grundlage, um die Vergabe ihrer Flächen zu beschränken. Der Fall in Rodgau
zeigt, dass Zirkusbetriebe selbst gegen bereits gesetzte Vergaberichtlinien
erfolgreich klagen können.
Gemäß der Entscheidung des Verwaltungsgerichts in Darmstadt, ermöglichen weder das Tierschutzgesetz noch die Zirkusleitlinien den Kommunen, ihre Flächen nur an Zirkusbetriebe ohne Tiere zu vergeben. Sie haben daher keine rechtliche Grundlage, um die Vergabe ihrer Flächen zu beschränken. Der Fall in Rodgau zeigt, dass Zirkusbetriebe selbst gegen bereits gesetzte Vergaberichtlinien erfolgreich klagen können.
Tiere leiden - doch die Gesetzgebung hängt hinterher!
Um die Haltung von Zirkustieren zu beurteilen, hat das Bundesministerium für
Ernährung und Landwirtschaft 1990 erstmals die “Leitlinien für die Haltung,
Ausbildung und Nutzung von Tieren in Zirkusbetrieben oder ähnlichen
Einrichtungen” erarbeitet (4). Diese Leitlinien wurden zuletzt im Jahr 2000
aktualisiert und gelten bis heute in dieser Form. Sie sind mittlerweile nicht
nur 22 Jahre alt, sondern gewährleisten auch keinen wirksamen Tierschutz.
Aktuell gilt - laut Zirkusleitlinien - das Säugetiergutachten (welches bspw. die
Haltung von Säugetieren in Zoos regelt) nicht in vollem Umfang für
Zirkusbetriebe, sofern diese ihre Säugetiere jeden Tag beschäftigen (4). So wird
beispielsweise das Reiten auf Ponys, Elefanten und Kamelen als Beschäftigung der
Tiere explizit empfohlen (4). Sogar bei Giraffen wird empfohlen, dass der*die
Tierlehrer*in zur Dressur auf diesen reitet (4). Das Betteln um Geld, mit Hilfe
von Zirkustieren, kann behördlich untersagt werden, ist aber nicht grundsätzlich
verboten (4). Hier wird direkt mit dem Leid der Zirkustiere Geld verdient!
Auch die Haltungsbedingungen verschiedener Tierarten werden beschrieben. So
werden auch Gehegegrößen angegeben und explizit darauf hingewiesen, dass bei
täglicher Beschäftigung der Zirkustiere, die Gehege kleiner sein dürfen, als im
Säugetiergutachten geregelt (4). Hier wird für dieselben Tierarten mit zweierlei
Maß gemessen und durch Ausnahmeregelungen werden kleine Gehege und damit
verbundenes Tierleid ermöglicht.
Darüber hinaus schaffen die Zirkusleitlinien auch im Umgang mit den Zirkustieren
Grundlagen für mehr Leid. So ist genügend Elefanten in ihrem Stallzelt so
anzuketten, dass sie sich hinlegen und lediglich einen Schritt vor und zurück
machen können (4).
Derzeit kann den Zirkusbetrieben bei groben Verstößen gegen die Vorschriften zur
Haltung von Zirkustieren das Halten der Tiere behördlich untersagt werden. Die
Zirkusleitlinien regeln allerdings auch, dass das Halten der Tiere auf
entsprechenden Antrag wieder zu gestatten ist, wenn davon ausgegangen werden
kann, dass entsprechende Verstöße nicht wieder vorkommen (4). So können
Menschen, die in der Vergangenheit wegen Tierquälerei aufgefallen sind, durch
einen entsprechenden Antrag wieder die Erlaubnis zur gewerblichen Haltung von
Tieren bekommen.
Im Jahr 2020 hat Julia Klöckner den Entwurf eines Nachstellverbots bestimmter
Tierarten vorgestellt. Damit sollen Zirkusbetriebe zukünftig keine weiteren
Elefanten, Giraffen, Nashörner, Flusspferde, Großbären oder Primaten mehr
erwerben können (5). Doch dieses geht nicht weit genug!
Wildtiere im Zirkus müssen ein Auslaufmodell sein!
Gerade weil dieses wichtige Thema in den Zuständigkeitsbereich des grün
geführten Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft fällt, fordern wir
als Grüne Jugend eine zeitnahe Überarbeitung der Leitlinien und wirksame
Maßnahmen zum Schutz von Zirkustieren! Konkret bedeutet das für uns:
Ein wirksames Nachtstellverbot für alle Wildtiere.
Die Zirkusleitlinien müssen so überarbeitet werden, dass sie Zirkustiere
nach heutigen Standards schützen.
Das Tierschutzgesetz muss so angepasst werden, dass Länder und Kommunen
selbst entscheiden können, welchen Betrieben sie ihre Flächen zur
Verfügung stellen.
Zirkusbetriebe müssen genau staatlich untersucht und geprüft werden, denn
neben der Überarbeitung dieser Leitlinien ist auch deren Einhaltung
essenziell.
Zusätzlich muss gelten: Wer grob gegen diese Leitlinien und den Tierschutz
verstößt oder sich mehrfach der Einhaltung der Regularien entzieht, darf
dauerhaft keinen Zirkus mit Tieren mehr betreiben!
Auf lange Sicht müssen wir es schaffen, dass deutschlandweit nur noch tierfreie
Zirkusse erlaubt sind. “Die Tierhaltung in Zirkussen möchten wir komplett
abschaffen”, so steht es in unserem Selbstverständnis und dazu stehen wir auch
weiterhin (6)! Dies ist die einzige Art und Weise, wie Tierschutz in
Zirkusbetrieben ordentlich und konsequent durchgesetzt werden kann. Lasst uns
einen ersten Schritt hin zu diesem Ziel gehen und den Status quo signifikant
verbessern, damit Tiere die aktuell in Zirkusbetrieben leben so gut es geht
geschützt werden. Denn Tiere sind keine Zirkusnummer!
-erfolgt mündlich-