B-W-15: Tammo Westphal

Liebe Freund*innen,

die AfD steht in Ostdeutschland kurz vor der Machtübernahme. Während viele noch davon reden, dass der Faschismus vor der Tür steht, liegt der bei uns schon auf der Couch und hat es sich gemütlich gemacht. Wir stehen vor enormen gesellschaftlichen Herausforderungen.

Die Ergebnisse der Landtagswahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg machen mir enorm große Angst. In meiner Heimat ist eine Regierung ohne Putinfreund*innen oder Nazis nicht mehr möglich. Viele fühlen sich durch den Landtag nicht mehr vertreten, in Debatten hat man das Gefühl die AfD regiert bereits mit, zumal sie in Thüringen und Brandenburg eine Sperrminorität im Landtag hat. Bei all dem ist für mich klar: jetzt braucht es mehr den je eine starke linke GRÜNE JUGEND in Ostdeutschland.

In diesen Zeiten aufzugeben und alles hin zu schmeißen ist keine Option! Dafür geht es um zu viel. Doch diese gesellschaftlichen Herausforderungen werden wir nicht alleine meistern können. Das gelingt nur gemeinsam mit unseren Bündnispartner*innen auf der Straße, in den Gewerkschaften und in den Parlamenten. Lasst uns als GRÜNE JUGEND wieder zu alter Stärke zurückfinden. Eine GRÜNE JUGEND die auf der einen Seite ihren Einfluss innerhalb der Partei nutzt, den Finger in die Wunde legt und uneingeschränkt für eine Politik der Solidarität und Menschlichkeit einsteht. Auf der anderen Seite eigenständige Bündnisse schmiedet und den Kampf für eine gerechte Zukunft für alle im Notfall selbst in die Hand nimmt.

Im nächsten Verbandsjahr müssen wir als Bundesverband die Ostdeutschen Landesverbände besonders unterstützen. Wir brauchen als GRÜNE JUGEND eine Bundesstrategie Ost. Es geht um das Fortbestehen unserer Landesverbände im Osten! Ich will gemeinsam mit unseren Mitgliedern vor Ort dabei unterstützen Strukturen weiter aufzubauen, Bildungsarbeit zu stärken und Bündnisse zu schmieden, damit die GRÜNE JUGEND weiter an gesellschaftlichen Einfluss gewinnt. Dabei ist mir wichtig, eng mit bestehen Strukturen wie der Mitte-Ost AG oder dem Mitte-Ost Kongress zusammenzuarbeiten, gemeinsame Ziele zu entwickeln und im engen Austausch zu stehen. Wir überlassen den Osten nicht den Rechten!

Die Menschen im Osten haben zugesehen, wie große staatliche Unternehmen von der Treuhand zerschlagen wurden, tausende Menschen ihre Jobs verloren haben und auch heute noch viele Gewinne aus dem Osten in den Westen gehen. Der ostdeutsche Durchschnittslohn ist immer noch deutlich niedriger, die Tarifverträge für die gleiche Arbeit ebenfalls. Vermögen und Erbschaften sind strukturell bedingt viel geringer als im Westen. Der demografische Wandel trifft besonders die strukturschwachen Gegenden im Osten. Junge Menschen müssen aktuell zusehen wie auf dem Dorf der letzte Jugendclub schließt, keine Busse fahren und Hakenkreuze in der Schule Normalität sind. Wir müssen jungen Menschen wieder die Hoffnung auf eine bessere Zukunft geben.

Nicht eingehaltene Versprechen der Politik führen zu Macht- und Perspektivlosigkeit. Nazis haben aktuell leichtes Spiel, den Frust für ihre menschenverachtende Ideologie zu nutzen. Asylsuchende, queere Menschen oder Menschen in Armut werden zur Projektionsfläche von Frust und Auswegslosigkeit und immer häufiger auch zu Opfern rechter Gewalt. Die 2020er Jahre drohen in Ostdeutschland erneut zu Baseballschlägerjahren zu werden.

Während viele immer wieder auf “den Nazis im Osten” rumhacken, wird die politische Linke im Osten immer schwächer. Die aktive Zivilgesellschaft ist immer noch sehr klein und da wo es sie gibt, arbeitet sie unter den widrigsten Umständen: Schlechte Finanzierung, weite Distanzen und vor allem immer stärkere Anfeindungen bis hin zur Gewalt von Rechts gehören für Linke in Ostdeutschland zum Alltag. Wir müssen jetzt die treibende Kraft sein, die eine stärkere gesellschaftliche Linke in Ostdeutschland organisiert.

Wir müssen als Bundesvorstand und Verantwortungsträger*innen innerhalb der GRÜNEN JUGEND vertrauen zurück gewinnen. Mit meinen langjährigen Erfahrungen in der innerverbandlichen Arbeit und auch als Landessprecher der GJ Brandenburg möchte ich dazu beitragen, die GRÜNE JUGEND wieder auf Kurs zu bringen. Es gehört für mich zum Teil des Aufarbeitungsprozess dazu, sich zu hinterfragen, wie es so zu einer so extremen Entkopplung der Vorstände zur Basis kommen konnte. Diese Aufarbeitung gelingt nur mit ehrlicher Kommunikation und breiter Beteiligung der Basis.

Ich würde mich sehr freuen, eine starke Stimme für die ostdeutschen Perspektiven im Bundesvorstand zu sein und freue mich über eure Stimme und euer Vertrauen.

Liebe Grüße

Tammo