Veranstaltung: | 57. Bundeskongress |
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Tagesordnungspunkt: | K Solidarität grenzenlos! |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | 57. Bundeskongress |
Beschlossen am: | 21.10.2023 |
Antragshistorie: | Version 2 |
Solidarität grenzenlos!
Beschlusstext
Massive Brände in Griechenland, Kanada und auf Hawaii. Gleichzeitig verheerende
Unwetter und Überflutungen in Deutschland, Kalifornien und Libyen - abwechselnd
mit extremer Hitze und Trockenheit. Die Klimakrise ist überall angekommen. Dass
die Antwort hierauf nicht nur auf nationaler Ebene erfolgen kann, ist
mittlerweile allen bewusst.
Genauso ist es mit anderen globalen Krisen: Menschen müssen sich entscheiden, ob
sie in Kriegsgebieten bleiben oder sich auf eine möglicherweise tödliche Flucht
begeben. Während die Konzentration von Vermögen in den Händen weniger immer
weiter zunimmt, müssen sich Milliarden Menschen weltweit fürchten, dass es kein
soziales Sicherungsnetz gibt, was sie auffängt.
Immer mehr Nationalstaaten wollen Probleme nur national und auf Kosten anderer
lösen. Für uns ist aber klar: Es braucht wieder mehr internationale Solidarität
– Es braucht einen starken Internationalismus!
Die Welt, die uns umgibt…
Die Globalisierung hat zweifelsfrei Vorteile gebracht: Ein steigendes
Warenangebot, weltweite Austauschprogramme, mehr internationale Kommunikation
und noch vieles mehr. Allerdings ist die Kehrseite der Globalisierung
unübersehbar: Globale Konzerne versetzen Beschäftigte weltweit in
Lohnkonkurrenz, ganze Sektoren wandern vom einen auf den anderen Tag ab und
lassen Millionen Menschen arbeitslos zurück, im internationalen Wettbewerb
werden Gewerkschaften nach und nach geschwächt, weltweit zerstören
Riesenkonzerne unsere Lebensgrundlage und weltweit wird der gesellschaftliche
Wohlstand vor allem hin zu einigen wenigen Superreichen umverteilt. Diese
Entwicklung ist eine Konsequenz des globalen Kapitalismus, der große Konzerne
immer weiter begünstigt, anstatt den Bedürfnissen der Menschen nachzukommen.
Die Auswirkungen des globalen Kapitalismus werden an den Finanzmärkten so
deutlich wie an kaum einem anderen Ort: Einzelne Investmentfonds können durch
den Aufkauf eines Unternehmens entscheiden, ob morgen Arbeitsplätze gekürzt
werden. Überall auf der Welt werden Boden und Natur zu einer Finanzanlage, die
ausgebeutet wird und dazu führt, dass Menschen vertrieben werden. Selbst die
Wohnungen, in denen wir leben, gehören immer häufiger großen Wohnungskonzernen,
die Profite mit unserer Miete machen. Diese Umstände sind eine Konsequenz von
Finanzmärkten, in denen riesige Mengen an Geld in Millisekunden hin- und
hergeschoben werden und am Ende Einfluss auf unser Leben hat.
Während Konzerne auf der Suche nach günstigeren Steuern im Eiltempo nationale
Grenzen überwinden können, sind es die Menschen, die an denselben Grenzen nach
ihrer Verwertbarkeit durchgelassen werden. Wer als Arbeitskraft „wertvoll“ ist
oder wer es „verdient“ zu fliehen, wird an kapitalistischen Maßstäben gemessen.
Der Ruf von Arbeitgebern nach erleichterter Fachkräfteeinwanderung wird immer
lauter, während Stimmung gegen diejenigen gemacht wird, die im Angesicht von
Kriegen und Krisen bisher nicht die Chance auf eine Ausbildung hatten. Dabei ist
es gerade die historisch gewachsene Ungerechtigkeit, die ganze Regionen in
Abhängigkeit und Krisen bis hin zu Kriegen stürzt und Menschen dazu zwingt, ihre
Heimat zu verlassen.
Im Angesicht dieser Krisen und Ungerechtigkeiten tragen Regierungen kaum zu
ihrer Eindämmung bei. Anstatt der Ausbeutung von Mensch und Natur ein Ende zu
setzen, werden Deals über grünen Wasserstoff in Nordafrika, Minen in Chile oder
LNG in Katar abgeschlossen. Gleichzeitig stützen internationalen Institutionen
wie der Internationale Währungsfonds oder die Weltbank koloniale Dynamiken und
Abhängigkeiten des Globalen Südens vom Globalen Norden, indem sie eine
ungerechte Sparpolitik durchsetzen, die auf Kosten der Menschen vor Ort geht.
Auch die Europäische Union ist daran unbeteiligt. Erst zuletzt haben wir am
Migrationsdeal mit Tunesien gesehen, dass die EU sogar bereit ist, Deals mit
Autokraten einzugehen, die einen rassistischen Polizeistaat führen, um die
Migrationsbewegung zu unterbinden. Und anstatt im Angesicht multipler globaler
Krisen in Krisenprävention, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit auf
Augenhöhe zu investieren, müssen wir einem globalen Hochrüsten und einer
zunehmenden Blockkonfrontation in die Augen sehen.
Angesichts der globalen Krisen sehen wir in immer mehr Ländern die Tendenz zu
abschottenden Nationalstaaten. Das kann aber nicht die Lösung sein! Denn das
Problem liegt nicht in der Globalisierung an sich, sondern am globalen
Kapitalismus. Deshalb ist unsere Antwort: Solidarität und Internationalismus!
Die Welt, für die wir kämpfen…
Wir wollen in einer Welt leben, in der alle Menschen frei und selbstbestimmt
leben können, unabhängig davon, wo sie geboren sind. Wir wollen in einer Welt
leben, in der niemand von Zuhause fliehen muss.
Wir wollen eine Welt, in der die Grundbedürfnisse aller Menschen jederzeit
gewährleistet sind. Alle Menschen auf der Welt verdienen es, frei von Hunger zu
leben, eine gute Gesundheitsversorgung zu haben, ein Dach über dem Kopf und eine
gute Anbindung an alles, was sie zum Leben brauchen.
Wir wollen in einer friedlichen Welt leben. Frieden ist für uns mehr als die
Abwesenheit von Waffengewalt, es ist die Abwesenheit von Gewalt und Herrschaft
übereinander. Das bedeutet sowohl, dass Autokraten keine Angriffskriege starten,
als auch dass alle Menschenrechte jederzeit gewahrt sind - auch die Sozialen.
Wir wollen in einer Welt leben, in der die planetaren Grenzen unserer
Lebensgrundlage geachtet werden, sodass jetzige und kommende Generationen
überhaupt die Aussicht auf ein Leben in Frieden, Freiheit und Solidarität haben
können.
Wir wollen eine Welt, in der weder Menschen noch Staaten in ständiger Konkurrenz
zueinander stehen. Wir wollen eine Welt, in der wir kooperieren, um das
bestmögliche Leben für uns alle zu schaffen. Wir streben eine Welt an, die nicht
durch nationalstaatliche Grenzen definiert ist, sondern durch die globale
Gemeinschaft aller.
Wir wollen in einer demokratischen Welt leben, in der Menschen über alles, was
sie betrifft, mitentscheiden können und in der Antidemokraten keine Chance mehr
haben.
Wir kämpfen für eine gerechte Welt!
Diese Vorstellung einer gerechten Welt wird sich nicht morgen realisieren
lassen. Wir sehen aber an so vielen Orten weltweit, wie Menschen diese Umstände
nicht hinnehmen wollen: Die mutigen Menschen im Iran, die für Freiheit,
Gleichheit und Demokratie gegen das brutale Regime auf die Straße gehen, die
Beschäftigten des GKN-Werkes in Florenz, die ihre Fabrik gegen die Pläne eines
britischen Investmentfonds besetzen, die Beschäftigten bei Amazon, die sich
global über Grenzen hinweg gegen prekäre Arbeitsverhältnisse organisieren und
Klima-Aktivist*innen in Bosnien, die sich gemeinsam mit den Minenarbeiter*innen
gegen ausländische Investitionen und für gute, klimafreundliche Arbeitsplätze
organisieren. Sie alle schlagen zurück gegen die Auswirkungen des globalen
Kapitalismus und auch wir sind ein Teil davon! Wir stehen solidarisch an der
Seite derer, die sich für eine gerechte Welt und gegen Autokraten einsetzen. Für
uns ist deshalb auch klar: Wir stehen weiter solidarisch an der Seite der
Menschen in und aus der Ukraine!
Wir kämpfen weiter für eine gerechte Welt. Als internationalistischer
Jugendverband kämpfen wir für ein gutes Leben aller Menschen - egal ob in
Bogotá, in Baku oder in Berlin. Auch wenn wir mit den Bergleuten am
Steinkohletagebau in Kolumbien auf den ersten Blick nur wenig gemein haben,
haben wir ein gemeinsames Interesse daran, dass unsere Bedürfnisse anstatt die
Profitinteressen einiger weniger im Mittelpunkt stehen. Deshalb lassen wir uns
nicht spalten. Dass wir in einer Welt voller Ungerechtigkeiten leben, liegt
nicht am Konflikt zwischen Menschen im Globalen Norden und Globalen Süden,
sondern am Konflikt zwischen Profitinteressen auf der einen und unseren
Bedürfnissen auf der anderen Seite.
Bei der Lösung dieser Ungerechtigkeiten, können wir uns nicht auf die
Regierungen verlassen. Während Staaten in außenpolitischen Auseinandersetzungen
in der Regel versuchen, das Beste für ihr Land und die Profitabilität ihrer
einheimischen Wirtschaft rauszuholen, geht es uns um ein gutes Leben für alle -
nicht nur in Deutschland. Allzu oft wird das aber von einflussreichen
Regierungen aufs Spiel gesetzt. Die deutsche Bundesregierung spielt oft eine
besondere, aber keine besonders gute Rolle. Sei es die Abschottung an den EU-
Außengrenzen, Kooperationen mit autokratischen Staaten, die Menschen im eigenen
Land und in Nachbarregionen bekämpfen oder die unsoziale Sparpolitik, die
Deutschland und die EU anderen Regierungen aufzwingt - Internationale
Solidarität bedeutet für uns auch, dass wir uns gegen diese Art von Außenpolitik
zur wehr setzen und hier in Deutschland Druck für Veränderung machen.
Der Schutz, die Unterstützung und die Förderung der Demokratie müssen zu einem
zentralen Element der Außenpolitik und der Außenbeziehungen der EU werden. Es
braucht eine aktive Unterstützung pro-demokratischer Bewegungen durch die EU.
Dafür braucht es eine europäische Koordination, die alle Möglichkeiten
identifizieren soll, Wege zu finden, solche Bewegungen zu unterstützen. Dafür
braucht es finanzielle Mittel, welche flexibel und langfristig zur Verfügung
gestellt werden, um eine Planung und Anpassung an die sich ständig entwickelnden
Bedürfnisse der Bewegungen zu gewährleisten. Dabei sollen neben Dissident*innen
und Aktivist*innen auch Gewerkschaften und Akteure der Zivilgesellschaft sowie
demokratiefördernde Medien finanziell unterstützt werden. Zudem sollen
europaweit Möglichkeiten zur Vernetzung, Zusammenarbeit und Strategieentwicklung
für diese angeboten werden. Wir stehen dafür ein, jedem Menschen seine Rechte
und Würde zu garantieren. Dieses universalistische Menschenbild wollen wir mit
den beschriebenen Maßnahmen unterstützen und erkämpfen. Unabhängig davon, wo
Menschen leben, haben sie das Recht, Hilfe zu verlangen und zu erhalten, um ihre
grundlegenden Menschenrechte zu schützen und zu fördern. Wir streiten dafür,
dass jeder Mensch das Recht auf Hilfe hat!
Um stark genug dafür zu sein und um genügend Druck für eine bessere Welt - hier
vor Ort und überall anders - machen zu können, müssen wir viele sein. Deshalb
arbeiten wir an einer starken linken gesellschaftlichen Bewegung, die in der
Lage ist, politische Entscheidungen im Sinne aller Menschen weltweit zu
beeinflussen. Für uns ist klar: Internationale Solidarität ist immer
unumstößlicher Grundsatz unseres politischen Aktivismus - dafür machen wir Druck
und dafür wollen wir junge Menschen begeistern.