Universitäten brauchen Auswahlkriterien für Bewerber*innen, denn in manchen Bereichen gibt es mehr Studieninteressierte als Plätze an den Universitäten und Stellen auf dem Arbeitsmarkt. Dafür ist die Vergleichbarkeit von Abschlüssen notwendig, die ohne Notenskala schwierig zu erreichen ist.
So gewinnen in dem im ursprünglichen Antrag beschriebenen Bildungssystem die Auswahlverfahren der Universitäten stark an Gewicht, da sie eine Vergleichbarkeit schaffen können. Jedoch wird damit die Bewertung in einem kurzen Auswahlverfahren, schlimmstenfalls in einer einzigen Prüfung, zur entscheidenden Hürde für den Bildungserfolg. Auswüchse eines solchen Systems sieht man in den Aufnahmeprüfungen für die Grands Écoles in Frankreich, auf die sich Schulabgänger*innen über Monate in privaten Kursen vorbereiten. Es käme also zu einer übermäßig starken Gewichtung weniger schriftlicher oder mündlicher Prüfungen und im schlimmsten Fall zu einem inoffiziellen, privaten Bildungsbereich zwischen Schule und Universität.
Ein Ansatz, um diesen Effekt zu vermeiden, ist die Berücksichtigung einer vergleichbaren, kontinuierlichen Beurteilung der Schüler*innen durch die Schulen im Auswahlverfahren der Universitäten. Das setzt jedoch eine standardisierte Bewertung voraus. Deshalb ist die Benotung von Kursen in der Vorbereitung auf ein Studium ein wichtiges Mittel für mehr Gerechtigkeit beim Zugang zu Hochschulen. Dabei ist explizit nicht gemeint, dass diese Benotung in jedem zulassungsbeschränkten Studienfach eine Rolle spielen muss. Es sollte den Universitäten aber ermöglicht werden, bei der Auswahl geeigneter Bewerber*innen auch auf diese standardisierte Benotung der Schulen zurückzugreifen. Mit der Einführung einer Benotung in einzelnen Kursen gegen Ende der Schullaufbahn wird zudem der Übergang zum zumeist streng an quantitativer Bewertung ausgerichteten Studium etwas erleichtert.
Die alternative Möglichkeit, allen Studieninteressierten einen Studienplatz zu garantieren, würde in einigen Fächern einen starken Konkurrenzdruck zwischen den Studierenden bewirken und die Universitäten zum Aussieben in Prüfungen zwingen. Das hätte schwerwiegene Folgen für das soziale Miteinander der Studierenden und würde auch die Qualität des Studiums durch eine erzwungenen Massenabfertigung verschlechtern.