Antrag: | Keinen Raum der AfD - Verbieten, was verboten gehört! |
---|---|
Antragsteller*in: | Bundesvorstand (dort beschlossen am: 26.10.2020) |
Status: | Geprüft |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 27.10.2020, 15:25 |
V-1-137: Keinen Raum der AfD - Verbieten, was verboten gehört!
Titel
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Keine Toleranz der Intoleranz: Demokratie schützen - AfD stoppen
Antragstext
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Mit der Alternative für Deutschland (AfD) hat die extreme Rechte in der
Bundesrepublik seit einigen Jahren eine Partei gefunden, die ihren
rechtsradikalen Positionen gerecht wird und die in der Lage ist, ein erhebliches
rechtes Wähler*innenpotential zu mobilisieren. Die Partei knüpft damit an eine
bundesdeutsche Kontinuität antidemokratischer, rassistischer und antisemitischer
Einstellungen an und schafft es wie keine andere Organisation, rechte Weltbilder
zu bestätigen und die heterogene extreme Rechte in Deutschland zu vereinen.
Von "eurokritisch" zu völkisch-national - aber immer rassistisch, antisemitisch
und menschenverachtend
Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 hat sich die AfD von einer scheinbar gemäßigten
selbsternannten "eurokritischen" Partei zu einer Organisation gewandelt, die
demokratische Grundsätze mit Füßen tritt und ihr völkisches Gedankengut weit in
der Bevölkerung verbreiten kann. Die AfD ist seit ihrer Gründung nicht nur immer
weiter nach rechts gerückt, sie hat auch den Diskurs demokratischer Parteien und
der Öffentlichkeit massiv beeinflusst und Politiker*innen dazu gebracht,
menschenfeindliche Standpunkte in reale Politik umzusetzen. Insbesondere in der
Asylpolitik sind unter dem Eindruck extrem rechter Wahlerfolge im Bundestag, den
Ländern und Kommunen Entscheidungen getroffen worden, die noch vor wenigen
Jahren undenkbar gewesen wären. Mit den letzten Landtagswahlen wurde deutlich,
dass der Partei und ihren Wähler*innen mit dieser Strategie der inhaltlichen
Annäherung nicht beizukommen ist. Auch wenn die aktuellen Umfragewerte - etwa in
der Corona-Krise - nicht auf alte Höhenflüge hindeuten, ist die Partei heute mit
ihrer Präsenz in fast allen demokratischen Institutionen in der Lage, mit ihren
finanziellen und personellen Ressourcen die Demokratie, Einhaltung der
Menschenrechte und das Leben und Wohlergehen marginalisierter Gruppen in
Deutschland ernsthaft zu gefährden.
Alle Distanzierungen der AfD von verfassungsfeindlichen Organisationen bis hin
zu rechtsradikalem Terror haben sich bisher als gefährliche
Beschwichtigungsstrategie erwiesen. Stephan Ernst, der mutmaßliche Mörder von
Walter Lübcke, hatte die Partei im hessischen Landtagswahlkampf unterstützt. Der
Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke zeigt sich nicht nur als
Holocaustrelativierer, sondern ist auch mit dem NSU-Unterstützer Thorsten Heise
bekannt. AfD Demonstrationen und Veranstaltungen sind immer wieder Schauplatz
für Angriffe auf Gegner*innen und Journalist*innen. Dies zeigt, dass ihre
Unterstützer*innen nicht nur mit Mitteln des demokratischen Rechtsstaats ihre
menschenfeindlichen und antidemokratischen Ziele durchsetzen wollen, sondern
dafür auch nicht vor Gewalt zurückschrecken.
Die Existenz der AfD gefährdet die Demokratie
Welch demokratiegefährdendes Potential die Partei in den Parlamenten entwickelt,
zeigt sich nicht nur mit ihrer häufig erkennbaren Arbeitsverweigerung in den
Gremien, sondern auch, wenn die Vertreter*innen der AfD demokratische
Institutionen missbrauchen und Demokrat*innen gegeneinander ausspielen. Die Wahl
des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten im
Februar 2020 zeigte auf sehr plastische Weise auf, welches Zerstörungspotential
darin liegt, dass eine unverhüllt faschistisch agierende Partei demokratische
Verfassungsorgane als Bühne für die Artikulation ihres Machtanspruches nutzt und
dabei bürgerliche Parteien für ihre Zwecke nutzt. In Thüringen war die Partei so
für eine kurze Zeit an der Mehrheit eines Landesparlamentes beteiligt.
Die Erfolge der AfD bei Wahlen auf allen Ebenen hat nicht nur tausenden
Mandatsträger*innen in Deutschland und der Europäischen Union zu politischer
Macht und potentiellem Gestaltungsspielraum verholfen. Mandate bringen auch
nicht unerhebliche personelle und finanzielle Ressourcen mit sich. Damit ist die
Partei in der Lage, tausende Mitarbeiter*innen von Abgeordneten und Fraktionen
auf allen Ebenen mit Auskommen zu versorgen, das für den Aufbau
außerparlamentarischer rechtsradikaler Strukturen verwendet werden kann. Das
Parteienrecht in der Bundesrepublik ermöglicht es der Partei zudem, große Mengen
an Steuergelder für ihre Zwecke zu verwenden. Dass sich die Partei dabei
regelmäßig nicht an geltendes Recht hält, zeigen inzwischen einige
Parteispendenaffären.
Die AfD widerspricht zahlreichen Prinzipien des Grundgesetzes
Mitglieder der AfD und zahlreiche Anhänger*innen wollen die Würde und Freiheit
einer Vielzahl von Menschen in Deutschland einschränken. Ebenso wollen sie die
Grundrechte einzener Bevölkerungsgruppen beschneiden. Die Partei ist rassistisch
und lehnt die Gundwerte einer liberalen Demokratie mehrheitlich ab. Wie die NPD
setzen sich einige AfD-Organisationen für eine Politik der "Volksgemeinschaft"
ein. Dieses Konzept missachtet die Menschenwürde und ist mit dem
grundgesetzlichen Demokratieprinzip und Gleichheitsgrundsatz unvereinbar.
Die AfD, ihre Mitglieder und Anhänger*innen streben nach der Einschränkung der
Pressefreiheit und der Auflösung der Freiheit von Lehre und Wissenschaft. Im
Februar 2020 forderte die AfD etwa eine staatliche Stelle, die die Einhaltung
von "journalistischen Qualitätsstandarts" prüfen sollte. Schon seit ihrer
Gründung setzt sich die AfD für die Abschaffung öffentlich-rechtlicher
Medienanstalten ein und versucht die Berichterstattung über ihre Politik etwa
auf Parteitagen strikt zu begrenzen und zu regulieren. Landtagsabgeordnete aus
Baden-Württemberg und anderen Ländern versuchten mit Meldeportalen die Freiheit
der Lehre und Wissenschaft einzuschränken und ein Klima der Verleumdung und
Diskredition zu schaffen.
Verstrickung einiger Mitglieder in rechte Terrornetzwerke
Immer wieder geraten neue Verbindungen von teils einflussreichen AfD-Mitgliedern
zu rechtsradikalen und gewaltbereiten Gruppen in den Blick der Öffentlichkeit.
Ein Mitarbeiter des AfD-Abgeordneten Nolte ist Teil des rechten Hannibal-
Netzwerks, welches aus Mitgliedern des Militärs und der Polizei besteht, die auf
einen Umsturz des Systems hinarbeiten. Er ist nicht das einzige AfD-Mitglied,
das in rechtsterroristischen Vereinigungen wiederzufinden ist.
Der Hauptverdächtige im Mordfall an dem Kasseler CDU-Politiker Walter Lübcke,
Stephan E., war regelmäßig bei Veranstaltungen der AfD und half auch bei ihrem
Wahlkampf. Er hatte offenbar Verbindungen zur inzwischen verbotenen
Neonaziorganisation Combat 18, die wiederum Verbindungen zum NSU-Komplex hatte.
Die Hetze, die einflussreiche AfD-Mitglieder in ihren Reden verbreiten, führt zu
Morden oder Angriffen. Das Ungerechtigkeitsempfinden, das die AfD bei ihren
Anhänger*innen schürt, führt zu Wut und zunehmender Gewaltbereitschaft unter
ihnen. Bei einigen Menschen geht es so weit, dass sie sogar dazu bereit sind,
Menschen zu ermorden.
Bewusste NS-Bezüge
Björn Höcke stilisiert sich mit einer NS-nahen Sprache und der Etablierung eines
Kultes um seine Person zu einer Führerfigur. Er stellt bewusst Forderungen, die
das gesellschaftlich Akzeptierte überschreiten und verschiebt so den
öffentlichen Diskurs nach rechts. AfD-Mitglieder versuchen gezielt,
Begrifflichkeiten wieder salonfähig zu machen, die ihren Ursprung in der
nationalsozialistischen Ideologie haben oder besonders mit dieser Zeit in
Verbindung gebracht werden, wie etwa der Begiff "völkisch". Sie fragen
öffentlich, warum wir denn nicht stolz auf die Leistungen deutscher Soldaten in
beiden Weltkriegen sein könnten, so wie es in Frankreich, Großbritannien oder
den USA üblich sei. Höcke beschrieb einen „[…] lebensbejahenden, afrikanischen
Ausbreitungstyp“, damit reproduziert er eine gefährliche Rassenideologie und
spricht von einer bevorstehenden „Umvolkung“. Der Parteivorsitzende Alexander
Gauland bezeichnete die NS-Zeit als einen „Vogelschiß“ in einer laut ihm „1000-
jährigen erfolgreichen, deutschen Geschichte". Damit verharmlost er nicht nur
die Verbrechen, die während dieser Zeit in und durch Deutschland begangen
wurden. Als die Einführung des 8. Mai als dauerhaften Feiertags im Raum stand,
lehnte Gauland dies mit der Aussage es wäre "[...] auch ein Tag der absoluten
Niederlage, ein Tag des Verlustes von großen Teilen Deutschlands und des
Verlustes von Gestaltungsmöglichkeit" ab.
Zerstörung des demokratischen, pluralistischen Diskurses
Um ein Beispiel für eine gezielte Steuerung des Diskurses zu bringen, sei die
von der AfD gestellte Kleine Anfrage an die Bundesregierung genannt, in der sie
die Anzahl der in Deutschland stattgefundenen Gruppenvergewaltigungen 2018 und
den Anteil der Tatverdächtigen ohne deutsche Staatsangehörigkeit wissen wollte.
Die AfD versucht somit gezielt, die Solidarität innerhalb der Bevölkerung zu
zerlegen.
Mit Aussagen wie den oben genannten schafft die AfD ein Feindbild für jene
Bürger*innen, die sich bereits benachteiligt fühlen.
Mit dieser Diskurslenkung schafft die AfD es, Debatten zu dominieren, obwohl sie
innerhalb der deutschen Gesellschaft und somit auch im Mehrheitsdiskurs nicht
einmal ansatzweise eine Mehrheit darstellen.
Sie versuchen sehr erfolgreich, den Diskurs zu bestimmen, indem sie Aussagen
tätigen, von denen sie wissen, dass andere sich gezwungen fühlen werden, darauf
einzugehen.
Zudem sorgt die AfD mit Fake-News und Falschbehauptungen sowie gezieltem Framing
für alternative Realitäten und Wahrnehmungen.
Entwicklungen von Straftaten werden durch die Partei im Zusammenhang mit
Zuwanderung und Geflüchteten falsch oder eindimensional dargestellt. Sie bringt
beispielsweise den Islam als Religion in einen völlig irrationalen Zusammenhang
mit bestimmten Straftaten wie Vergewaltigung oder Mord. Mit den sprachlichen
Bildern einer "Flüchtlingswelle" oder "-flut" vermitteln sie das Gefühl einer
unaufhaltsamen, zerstörerischen Naturkatastrophe.
Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung
Die ehemalige Vorsitzende Frauke Petry vertrat öffentlich die Position, der
Begriff „völkisch“ müsse positiv besetzt werden. Die derzeitige stellvertretende
Fraktionsvorsitzende Alice Weidel wiederum diskriminierte im Bundestag
Zuwander*innen und Frauen, die ein Kopftuch tragen in der Formulierung „Burkas,
Kopftuch-Mädchen, alimentierte Messer-Männer und sonstige Taugenichtse[…]“, dies
begründete sie mit der Zuwanderung einzelner Straftäter*innen.
Die AfD forderte eine Neuregelung des Familiennachzugs und erarbeitete einen
Antrag zur verfrühten Rückführung syrischer Geflüchteter in Regionen, die noch
nicht als sicher eingestuft werden können. Auch die Äußerungen zu der
vermeintlichen Verbindung zwischen Migration und Kriminalität ist in diesem
Rahmen einzuordnen.
LGBTQI*-Rechte sieht die AfD ebenfalls sehr kritisch. Homosexuelle Personen
hätten laut einigen Mitgliedern den "Volkstod" mit zu verantworten.
In diesem Zusammenhang setzt sich die Partei auch für ein gestriges Familienbild
ein und möchte Familien fördern, die mehr als drei Kinder haben. Ebenso will sie
Mütter dazu ermutigen, die Kinder zu Hause zu erziehen anstatt sie in den
Kindergarten zu schicken und selbst arbeiten zu gehen. Sie sieht Carearbeit in
der alleinigen Verantwortung von Cis-Frauen und versucht durch diesen Vorstoß
auch, eine pluralistische Sozialisierung der Kinder zu verhindern. Sie setzt
sich aktiv gegen die Aufklärung von Schüler*innen über LGBTQI*-Themen ein und
ist der Meinung, die "klassische Familie" würde durch alternative
Familienentwürfe angegriffen. Von der Bundesregierung wollte die Partei wissen,
wie sich die Zahl von Schwerbehinderten in Zusammenhang mit Migration und Heirat
innerhalb derselben Familien seit dem Jahr 2012 entwickelt hätte. In Thüringen
und Sachsen scheiterten sie an dem Versuch, LGBTQI*-Personen unter Sinti und
Roma zählen zu lassen. In Sachsen fragten Abgeordnete auch nach der Anzahl von
Frauen in gebärfähigem Alter und deren Nationalität.
Die AfD setzt sich für eine Verschärfung des Verbots von
Schwangerschaftsabbrüchen ein, sodass diese auch bestraft werden können.
Währenddessen fordert der Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz gar die
Wiedereinführung der Todesstrafe als Abschreckung für Asylbewerber*innen. Dem
Grundrecht auf Asyl insgesamt steht die AfD seit ihrer Gründung sehr kritisch
gegenüber und forderte mehrfach dessen Veränderung oder sogar Abschaffung. All
das sind nur einzelne Beispiele für eine Systematik der Diskriminierung, die von
der AfD vorangetrieben wird.
Die AfD - eine verfassungsfeindliche Partei?
Faschistische Organisationen gehören verboten. Daher muss auch ein Verbot von
Parteien wie die AfD ernsthaft diskutiert und in Betracht gezogen werden. Die
Partei gefährdet demokratische Werte, die Rechtsstaatlichkeit und das Leben und
die Freiheit vieler Menschen. Die AfD ist eine Partei, die mehrfach gegen
grundlegende Verfassungsgrundsätze verstößt und in der Vergangenheit verstoßen
hat. Ihre Mitglieder stellen viele Prinzipien, die in der sogenannten
"Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung" gefasst werden, offen in Frage und
arbeiten an ihrer Untergrabung. Die Frage ist zu stellen, ob ein
Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgversprechend ist – aber
natürlich ist es auch wichtig, diese Verstöße mit dem Risiko eines misslungenen
Verfahrens und der in dem Falle nachfolgenden Legitimierung der AfD oder anderen
Risiken wie dem einer noch weiter ausgebauten Unübersichtlichkeit der rechten
Szene abzuwägen. Das jedoch kann nur dann stattfinden, wenn die Debatte
konsequent und ergebnisoffen geführt wird. Wir fordern demnach, einen Antrag auf
Verbot der AfD als Ganzes oder Gliederungen der Partei durch die dazu
legitimierten Organe Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung zu prüfen und
einzureichen.
Isolierung und Abgrenzung auf allen Ebenen
Außerdem darf es keine Zusammenarbeit mit der Partei oder ihren Funktionär*innen
geben. Die AfD soll und muss in der Politik weiterhin isoliert werden und darf
unter keinen Umständen ihre Forderungen in irgendeiner Form durchsetzen können.
Ein Vorkommnis wie in Thüringen darf sich nicht wiederholen, die AfD und ihre
Funktionär*innen dürfen sich niemals mit einer Durchsetzung ihrer
menschenverachtenden Politik krönen können. Hierbei bietet sich eine Strategie
nach dem Schweriner Weg an, der 2006 für den Umgang mit der damals frisch in den
Landtag eingezogenen NPD gefunden wurde. Dieses Modell setzt eine
Geschlossenheit seitens der demokratischen Parteien gegenüber der Rechten
voraus, infolge derer kein Gesetzesentwurf oder Antrag der Rechten unterstützt
wird. Auf Anträge und Einlassungen seitens der rechten Partei antwortet jeweils
nur ein*e Abgeordnete*r im Namen aller teilnehmenden Fraktionen, was ein
Verschieben der Debatte auf rechte Themen verhindert und den Übergang zur
Tagesordnung ermöglicht, jedoch die Äußerungen nicht unbeantwortet stehen lässt.
Zudem muss die Teilnahme an Diskussionsveranstaltungen durch demokratische
Politiker*innen verweigert werden, sofern auch Redner*innen der AfD auf dem
Podium sitzen. Übertragen auf die AfD bedeutete dies eine deutliche Abgrenzung
von rechter Politik, eine klare Haltung und ein solidarisches Zusammenstehen
aller Demokrat*innen gegenüber faschistischem Gedankengut.
Zivilgesellschaft gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit stärken
Aber nicht nur im Bereich der Politik, sondern auch auf der gesellschaftlichen
Ebene müssen die AfD und ihre Anhänger*innen zurückgedrängt werden. Es ist
ebenso wichtig, im Alltag Zivilcourage zu zeigen und klarzustellen, dass rechte
Hetze in einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft keinen Platz hat. Um
das zu verstärken, muss politische Bildung und Demokratiebildung massiv
ausgebaut werden. Ebenso wichtig sind weitere Demonstrationen und Aktionen gegen
die Diskursverschiebung nach rechts und die Angriffe auf Menschen, die nicht ins
Weltbild der AfD passen. Gerade wichtige Verbände, die gegen Rassismus vorgehen,
klagen vermehrt über rechte Unterwanderungen. Auch hier muss deutlich Stellung
bezogen und Unterstützung angeboten werden. Zivile Demokratieförderprojekte,
Präventionsangebote, Bildungsangebote, oder Beratung von Opfern rechter Gewalt
sind häufig chronisch unterfinanziert und müssen in aufwendigen Verfahren
jährlich auf eine Verlängerung der Fördermittel hoffen.
Aber auch der Sozialstaat muss weiter gestärkt und systemimmanenter Rassismus
gezielt identifiziert und abgebaut werden. Es ist unabdinglich, dass mehr
Unterstützungsangebote für Betroffene rechter Hetze entstehen. Dass rechte
Angriffe auf Geflüchtete abgetan oder kleingeredet werden,
Kommunalpolitiker*innen bei Morddrohungen allein gelassen werden, selbst
eindeutig rechte Angriffe wie der Terroranschlag in Hanau als „nicht rechts“
eingestuft werden, weil der Täter nicht nachvollziehbar organisiert war, die
Verwicklung radikaler Rechter mit unseren Sicherheitsbehörden unter den Teppich
gekehrt wird – all das zeigt ein klares Versagen des Rechtsstaates, wenn es um
die Einhegung verfassungsfeindlicher Aktivitäten geht. Hier wünschen wir uns
eine deutlichere Stellung der staatlichen Stellen und eine Einrichtung
unabhängiger Untersuchungs- und Beschwerdestellen. Ebenso fordern wir die
garantierte Sicherheit derjenigen, die sich den Rechten in den Weg stellen – ob
das nun die Möglichkeit einer Verfolgung von Hetze und Drohschreiben oder gar
körperlicher Angriffe ist, der Schutz vor denselben, oder die klare moralische
Unterstützung der Betroffenen.
Wir alle sind gefragt. Beleidigungen, Drohungen, Verweigerung von Leistungen
oder einfach rassistische Äußerungen dürfen niemals unkommentiert in der Luft
stehen. Zivilcourage und klare Stellung gegen rechts sind das Gebot der Stunde.
Parteiverbot: Kein staatliches Geld und Strukturen für Faschist*innen
Das Verbot von Parteien sollte in einer demokratischen Gesellschaft immer mit
größter Vorsicht und als eines unter vielen Mitteln gegen demokratigefährdende,
menschenfeindliche und gewalttätige Organisationen angewandt werden.
Demokrat*innen dürfen zum Einen nicht der Verführung erliegen, ungeliebte
Mitbewerber*innen aus dem demokratischen System enfernen zu wollen. Sie dürfen
zudem nicht dem Glauben verfallen, dass Verbote faschistischer Parteien das
rechtsradikale Potential, das in der Gesellschaft weit verbreitet ist, ebenfalls
mit verbieten.
Die Alternative für Deutschland ist jedoch die erfolgreichste faschstische
Partei in der Bundesrepublik seit 1945. Die Partei und ihre Anhänger*innen sind
keine einfachen Mitbewerber*innen mit konservativen Positionen. Sie kämpfen mit
schlichtweg undemokratischen Mitteln um Diskurshoheit und politische Macht und
setzen sich für Ziele ein, die einer demokratischen, freiheitlichen,
rechtsstaatlichen und solidarischen Gesellschaft diametral widersprechen. Ihre
Programme und öffentlichen Äußerungen strotzen vor Nationalismus, faschistischer
Gesellschaftsvorstellungen und Menschenhass.
Viele Mitglieder unterstützen es, ihre Ziele durch Waffengewalt durchzusetzen.
Einige, wie Stephan E., haben es mutmaßlich bereits getan. Unterstützer*innen
beziehen sich offen auf die nationalsozialistische deutsche Vergangenheit. Auch
wenn die AfD noch weit davon entfernt ist, demokratische Strukturen der
Bundesrepublik zu zerstören, zeigt sich, welch gefährliches Potential in ihr
liegt.
Dieser Gefahr gilt es zu begegnen. Auf der Straße, im öffentlichen Diskurs und
auch auf rechtlichem Wege. Es gilt, sich immer wieder schützend vor vulnerable
Gruppen und Opfer von Hass und Rassismus zu stellen und diese zu unterstützen.
Dies kann uns aber bei weitem nicht reichen. Ein Verbot der faschistischen AfD
würde der extremen Rechten in Deutschland eine wichtige strukturelle Stütze
nehmen, unter deren Schutz und in deren Fahrwasser sich Strukturen gebildet
haben, die den Fortbestand demokratischer Strukturen und das Leben vieler
Menschen bedrohen.
Ebenso würde ein Verbot die staatliche Förderung der AfD beenden und ihren
Geldfluss versiegen lassen, was den Organisationsgrad antidemokratischer und
faschistischer Strukturen einhegen könnte. Es ist nicht erträglich, dass
öffentliche Gelder einer Partei zugutekommen, deren Mitglieder das Ziel
verfolgen, die Demokratie und die offene, pluralistische Gesellschaft abzubauen.
Warum ist Verfassungsrechtliches Verbot möglich
Wenn eine Partei nach ihren Zielen oder auch dem Verhalten ihrer Anhänger*innen
darauf ausgerichtet ist, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu
beschädigen oder abzuschaffen, ist sie verfassungswidrig. Nur die Äußerung
dieser Ideen reicht nicht aus; die Parteien müssen ihre negative Haltung
gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung aktiv vertreten. Es darf
außerdem nicht völlig ausgeschlossen sein, dass sie ihre verfassungsfeindlichen
Ziele erreichen können. Diese Bedingungen sehen wir bei der AfD erfüllt.
Die Grüne Jugend fordert:
- Die intensive Prüfung eines Antrags auf Verbot der Alternative für Deutschland
oder einzelner Gliederungen vor dem Bundesverfassungsgericht. Eine Partei, deren
Mitglieder aktiv an der Zerstörung einer demokratischen und pluralistischen
Gesellschaft mitwirken, gehört verboten.
- Eine vollständige Isolierung der Partei in den Parlamenten und Gremien auf
allen Ebenen: Unter keinen Umständen darf es politische Zusammenarbeit mit der
AfD und ihren Funktionär*innen geben. Ihr Einfluss auf das politische
Tagesgeschäft und den Diskurs muss gestoppt und jeder Erfolg verhindert werden.
- Die gezielte Förderung von Zivilcourage, Zurückdrängung auf gesellschaftlicher
Ebene durch fortgeführte Demonstrationen und Aktionen. Kein*e Sympathisant*in
der AfD sollte den Eindruck bekommen, dass Rassismus und Menschenfeindlichkeit
in der Gesellschaft einen Platz habe. Jeder Versuch, sich in Diskurs und Alltag
mit rechtem Gedankengut zu etablieren, sollte durch zivilgesellschaftliche
Akteur*innen verhindert werden.
- Die Unterstützung zivilen Widerstandes durch ein Demokratiefördergesetz. Wir
brauchen Bildungsangebote und Unterstützung für alle, die sich für Demokratie
und gegen Rassismus und rechte Ideen engagieren wollen.
- Mehr Unterstützung und Schutz für Betroffene rechter Gewalt. Kein Mensch
sollte sich bedroht oder allein gelassen fühlen, wenn er sich gegen rechts
engagiert oder von Rechten angegriffen wird.
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Mit der Alternative für Deutschland (AfD) hat die extreme Rechte in der
Bundesrepublik seit einigen Jahren eine Partei gefunden, die ihren
rechtsradikalen Positionen gerecht wird und die in der Lage ist, ein erhebliches
rechtes Wähler*innenpotential zu mobilisieren. Die Partei knüpft damit an eine
bundesdeutsche Kontinuität antidemokratischer, rassistischer und antisemitischer
Einstellungen an und schafft es wie keine andere Organisation, rechte Weltbilder
zu bestätigen und die heterogene extreme Rechte in Deutschland zu vereinen.
Von "eurokritisch" zu völkisch-national - aber immer rassistisch, antisemitisch
und menschenverachtend
Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 hat sich die AfD von einer scheinbar gemäßigten
selbsternannten "eurokritischen" Partei zu einer Organisation gewandelt, die
demokratische Grundsätze mit Füßen tritt und ihr völkisches Gedankengut weit in
der Bevölkerung verbreiten kann. Die AfD ist seit ihrer Gründung nicht nur immer
weiter nach rechts gerückt, sie hat auch den Diskurs demokratischer Parteien und
der Öffentlichkeit massiv beeinflusst und Politiker*innen dazu gebracht,
menschenfeindliche Standpunkte in reale Politik umzusetzen. Insbesondere in der
Asylpolitik sind unter dem Eindruck extrem rechter Wahlerfolge im Bundestag, den
Ländern und Kommunen Entscheidungen getroffen worden, die noch vor wenigen
Jahren undenkbar gewesen wären. Mit den letzten Landtagswahlen wurde deutlich,
dass der Partei und ihren Wähler*innen mit dieser Strategie der inhaltlichen
Annäherung nicht beizukommen ist. Auch wenn die aktuellen Umfragewerte - etwa in
der Corona-Krise - nicht auf alte Höhenflüge hindeuten, ist die Partei heute mit
ihrer Präsenz in fast allen demokratischen Institutionen in der Lage, mit ihren
finanziellen und personellen Ressourcen die Demokratie, Einhaltung der
Menschenrechte und das Leben und Wohlergehen marginalisierter Gruppen in
Deutschland ernsthaft zu gefährden.
Alle Distanzierungen der AfD von verfassungsfeindlichen Organisationen bis hin
zu rechtsradikalem Terror haben sich bisher als gefährliche
Beschwichtigungsstrategie erwiesen. Stephan Ernst, der mutmaßliche Mörder von
Walter Lübcke, hatte die Partei im hessischen Landtagswahlkampf unterstützt. Der
Thüringer AfD-Vorsitzende Björn Höcke zeigt sich nicht nur als
Holocaustrelativierer, sondern ist auch mit dem NSU-Unterstützer Thorsten Heise
bekannt. AfD Demonstrationen und Veranstaltungen sind immer wieder Schauplatz
für Angriffe auf Gegner*innen und Journalist*innen. Dies zeigt, dass ihre
Unterstützer*innen nicht nur mit Mitteln des demokratischen Rechtsstaats ihre
menschenfeindlichen und antidemokratischen Ziele durchsetzen wollen, sondern
dafür auch nicht vor Gewalt zurückschrecken.
Die Existenz der AfD gefährdet die Demokratie
Welch demokratiegefährdendes Potential die Partei in den Parlamenten entwickelt,
zeigt sich nicht nur mit ihrer häufig erkennbaren Arbeitsverweigerung in den
Gremien, sondern auch, wenn die Vertreter*innen der AfD demokratische
Institutionen missbrauchen und Demokrat*innen gegeneinander ausspielen. Die Wahl
des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten im
Februar 2020 zeigte auf sehr plastische Weise auf, welches Zerstörungspotential
darin liegt, dass eine unverhüllt faschistisch agierende Partei demokratische
Verfassungsorgane als Bühne für die Artikulation ihres Machtanspruches nutzt und
dabei bürgerliche Parteien für ihre Zwecke nutzt. In Thüringen war die Partei so
für eine kurze Zeit an der Mehrheit eines Landesparlamentes beteiligt.
Die Erfolge der AfD bei Wahlen auf allen Ebenen hat nicht nur tausenden
Mandatsträger*innen in Deutschland und der Europäischen Union zu politischer
Macht und potentiellem Gestaltungsspielraum verholfen. Mandate bringen auch
nicht unerhebliche personelle und finanzielle Ressourcen mit sich. Damit ist die
Partei in der Lage, tausende Mitarbeiter*innen von Abgeordneten und Fraktionen
auf allen Ebenen mit Auskommen zu versorgen, das für den Aufbau
außerparlamentarischer rechtsradikaler Strukturen verwendet werden kann. Das
Parteienrecht in der Bundesrepublik ermöglicht es der Partei zudem, große Mengen
an Steuergelder für ihre Zwecke zu verwenden. Dass sich die Partei dabei
regelmäßig nicht an geltendes Recht hält, zeigen inzwischen einige
Parteispendenaffären.
Die AfD widerspricht zahlreichen Prinzipien des Grundgesetzes
Mitglieder der AfD und zahlreiche Anhänger*innen wollen die Würde und Freiheit
einer Vielzahl von Menschen in Deutschland einschränken. Ebenso wollen sie die
Grundrechte einzener Bevölkerungsgruppen beschneiden. Die Partei ist rassistisch
und lehnt die Gundwerte einer liberalen Demokratie mehrheitlich ab. Wie die NPD
setzen sich einige AfD-Organisationen für eine Politik der "Volksgemeinschaft"
ein. Dieses Konzept missachtet die Menschenwürde und ist mit dem
grundgesetzlichen Demokratieprinzip und Gleichheitsgrundsatz unvereinbar.
Die AfD, ihre Mitglieder und Anhänger*innen streben nach der Einschränkung der
Pressefreiheit und der Auflösung der Freiheit von Lehre und Wissenschaft. Im
Februar 2020 forderte die AfD etwa eine staatliche Stelle, die die Einhaltung
von "journalistischen Qualitätsstandarts" prüfen sollte. Schon seit ihrer
Gründung setzt sich die AfD für die Abschaffung öffentlich-rechtlicher
Medienanstalten ein und versucht die Berichterstattung über ihre Politik etwa
auf Parteitagen strikt zu begrenzen und zu regulieren. Landtagsabgeordnete aus
Baden-Württemberg und anderen Ländern versuchten mit Meldeportalen die Freiheit
der Lehre und Wissenschaft einzuschränken und ein Klima der Verleumdung und
Diskredition zu schaffen.
Verstrickung einiger Mitglieder in rechte Terrornetzwerke
Immer wieder geraten neue Verbindungen von teils einflussreichen AfD-Mitgliedern
zu rechtsradikalen und gewaltbereiten Gruppen in den Blick der Öffentlichkeit.
Ein Mitarbeiter des AfD-Abgeordneten Nolte ist Teil des rechten Hannibal-
Netzwerks, welches aus Mitgliedern des Militärs und der Polizei besteht, die auf
einen Umsturz des Systems hinarbeiten. Er ist nicht das einzige AfD-Mitglied,
das in rechtsterroristischen Vereinigungen wiederzufinden ist.
Der Hauptverdächtige im Mordfall an dem Kasseler CDU-Politiker Walter Lübcke,
Stephan E., war regelmäßig bei Veranstaltungen der AfD und half auch bei ihrem
Wahlkampf. Er hatte offenbar Verbindungen zur inzwischen verbotenen
Neonaziorganisation Combat 18, die wiederum Verbindungen zum NSU-Komplex hatte.
Die Hetze, die einflussreiche AfD-Mitglieder in ihren Reden verbreiten, führt zu
Morden oder Angriffen. Das Ungerechtigkeitsempfinden, das die AfD bei ihren
Anhänger*innen schürt, führt zu Wut und zunehmender Gewaltbereitschaft unter
ihnen. Bei einigen Menschen geht es so weit, dass sie sogar dazu bereit sind,
Menschen zu ermorden.
Bewusste NS-Bezüge
Björn Höcke stilisiert sich mit einer NS-nahen Sprache und der Etablierung eines
Kultes um seine Person zu einer Führerfigur. Er stellt bewusst Forderungen, die
das gesellschaftlich Akzeptierte überschreiten und verschiebt so den
öffentlichen Diskurs nach rechts. AfD-Mitglieder versuchen gezielt,
Begrifflichkeiten wieder salonfähig zu machen, die ihren Ursprung in der
nationalsozialistischen Ideologie haben oder besonders mit dieser Zeit in
Verbindung gebracht werden, wie etwa der Begiff "völkisch". Sie fragen
öffentlich, warum wir denn nicht stolz auf die Leistungen deutscher Soldaten in
beiden Weltkriegen sein könnten, so wie es in Frankreich, Großbritannien oder
den USA üblich sei. Höcke beschrieb einen „[…] lebensbejahenden, afrikanischen
Ausbreitungstyp“, damit reproduziert er eine gefährliche Rassenideologie und
spricht von einer bevorstehenden „Umvolkung“. Der Parteivorsitzende Alexander
Gauland bezeichnete die NS-Zeit als einen „Vogelschiß“ in einer laut ihm „1000-
jährigen erfolgreichen, deutschen Geschichte". Damit verharmlost er nicht nur
die Verbrechen, die während dieser Zeit in und durch Deutschland begangen
wurden. Als die Einführung des 8. Mai als dauerhaften Feiertags im Raum stand,
lehnte Gauland dies mit der Aussage es wäre "[...] auch ein Tag der absoluten
Niederlage, ein Tag des Verlustes von großen Teilen Deutschlands und des
Verlustes von Gestaltungsmöglichkeit" ab.
Zerstörung des demokratischen, pluralistischen Diskurses
Um ein Beispiel für eine gezielte Steuerung des Diskurses zu bringen, sei die
von der AfD gestellte Kleine Anfrage an die Bundesregierung genannt, in der sie
die Anzahl der in Deutschland stattgefundenen Gruppenvergewaltigungen 2018 und
den Anteil der Tatverdächtigen ohne deutsche Staatsangehörigkeit wissen wollte.
Die AfD versucht somit gezielt, die Solidarität innerhalb der Bevölkerung zu
zerlegen.
Mit Aussagen wie den oben genannten schafft die AfD ein Feindbild für jene
Bürger*innen, die sich bereits benachteiligt fühlen.
Mit dieser Diskurslenkung schafft die AfD es, Debatten zu dominieren, obwohl sie
innerhalb der deutschen Gesellschaft und somit auch im Mehrheitsdiskurs nicht
einmal ansatzweise eine Mehrheit darstellen.
Sie versuchen sehr erfolgreich, den Diskurs zu bestimmen, indem sie Aussagen
tätigen, von denen sie wissen, dass andere sich gezwungen fühlen werden, darauf
einzugehen.
Zudem sorgt die AfD mit Fake-News und Falschbehauptungen sowie gezieltem Framing
für alternative Realitäten und Wahrnehmungen.
Entwicklungen von Straftaten werden durch die Partei im Zusammenhang mit
Zuwanderung und Geflüchteten falsch oder eindimensional dargestellt. Sie bringt
beispielsweise den Islam als Religion in einen völlig irrationalen Zusammenhang
mit bestimmten Straftaten wie Vergewaltigung oder Mord. Mit den sprachlichen
Bildern einer "Flüchtlingswelle" oder "-flut" vermitteln sie das Gefühl einer
unaufhaltsamen, zerstörerischen Naturkatastrophe.
Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung
Die ehemalige Vorsitzende Frauke Petry vertrat öffentlich die Position, der
Begriff „völkisch“ müsse positiv besetzt werden. Die derzeitige stellvertretende
Fraktionsvorsitzende Alice Weidel wiederum diskriminierte im Bundestag
Zuwander*innen und Frauen, die ein Kopftuch tragen in der Formulierung „Burkas,
Kopftuch-Mädchen, alimentierte Messer-Männer und sonstige Taugenichtse[…]“, dies
begründete sie mit der Zuwanderung einzelner Straftäter*innen.
Die AfD forderte eine Neuregelung des Familiennachzugs und erarbeitete einen
Antrag zur verfrühten Rückführung syrischer Geflüchteter in Regionen, die noch
nicht als sicher eingestuft werden können. Auch die Äußerungen zu der
vermeintlichen Verbindung zwischen Migration und Kriminalität ist in diesem
Rahmen einzuordnen.
LGBTQI*-Rechte sieht die AfD ebenfalls sehr kritisch. Homosexuelle Personen
hätten laut einigen Mitgliedern den "Volkstod" mit zu verantworten.
In diesem Zusammenhang setzt sich die Partei auch für ein gestriges Familienbild
ein und möchte Familien fördern, die mehr als drei Kinder haben. Ebenso will sie
Mütter dazu ermutigen, die Kinder zu Hause zu erziehen anstatt sie in den
Kindergarten zu schicken und selbst arbeiten zu gehen. Sie sieht Carearbeit in
der alleinigen Verantwortung von Cis-Frauen und versucht durch diesen Vorstoß
auch, eine pluralistische Sozialisierung der Kinder zu verhindern. Sie setzt
sich aktiv gegen die Aufklärung von Schüler*innen über LGBTQI*-Themen ein und
ist der Meinung, die "klassische Familie" würde durch alternative
Familienentwürfe angegriffen. Von der Bundesregierung wollte die Partei wissen,
wie sich die Zahl von Schwerbehinderten in Zusammenhang mit Migration und Heirat
innerhalb derselben Familien seit dem Jahr 2012 entwickelt hätte. In Thüringen
und Sachsen scheiterten sie an dem Versuch, LGBTQI*-Personen unter Sinti und
Roma zählen zu lassen. In Sachsen fragten Abgeordnete auch nach der Anzahl von
Frauen in gebärfähigem Alter und deren Nationalität.
Die AfD setzt sich für eine Verschärfung des Verbots von
Schwangerschaftsabbrüchen ein, sodass diese auch bestraft werden können.
Währenddessen fordert der Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz gar die
Wiedereinführung der Todesstrafe als Abschreckung für Asylbewerber*innen. Dem
Grundrecht auf Asyl insgesamt steht die AfD seit ihrer Gründung sehr kritisch
gegenüber und forderte mehrfach dessen Veränderung oder sogar Abschaffung. All
das sind nur einzelne Beispiele für eine Systematik der Diskriminierung, die von
der AfD vorangetrieben wird.
Die AfD - eine verfassungsfeindliche Partei?
Faschistische Organisationen gehören verboten. Daher muss auch ein Verbot von
Parteien wie die AfD ernsthaft diskutiert und in Betracht gezogen werden. Die
Partei gefährdet demokratische Werte, die Rechtsstaatlichkeit und das Leben und
die Freiheit vieler Menschen. Die AfD ist eine Partei, die mehrfach gegen
grundlegende Verfassungsgrundsätze verstößt und in der Vergangenheit verstoßen
hat. Ihre Mitglieder stellen viele Prinzipien, die in der sogenannten
"Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung" gefasst werden, offen in Frage und
arbeiten an ihrer Untergrabung. Die Frage ist zu stellen, ob ein
Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht erfolgversprechend ist – aber
natürlich ist es auch wichtig, diese Verstöße mit dem Risiko eines misslungenen
Verfahrens und der in dem Falle nachfolgenden Legitimierung der AfD oder anderen
Risiken wie dem einer noch weiter ausgebauten Unübersichtlichkeit der rechten
Szene abzuwägen. Das jedoch kann nur dann stattfinden, wenn die Debatte
konsequent und ergebnisoffen geführt wird. Wir fordern demnach, einen Antrag auf
Verbot der AfD als Ganzes oder Gliederungen der Partei durch die dazu
legitimierten Organe Bundesrat, Bundestag und Bundesregierung zu prüfen und
einzureichen.
Isolierung und Abgrenzung auf allen Ebenen
Außerdem darf es keine Zusammenarbeit mit der Partei oder ihren Funktionär*innen
geben. Die AfD soll und muss in der Politik weiterhin isoliert werden und darf
unter keinen Umständen ihre Forderungen in irgendeiner Form durchsetzen können.
Ein Vorkommnis wie in Thüringen darf sich nicht wiederholen, die AfD und ihre
Funktionär*innen dürfen sich niemals mit einer Durchsetzung ihrer
menschenverachtenden Politik krönen können. Hierbei bietet sich eine Strategie
nach dem Schweriner Weg an, der 2006 für den Umgang mit der damals frisch in den
Landtag eingezogenen NPD gefunden wurde. Dieses Modell setzt eine
Geschlossenheit seitens der demokratischen Parteien gegenüber der Rechten
voraus, infolge derer kein Gesetzesentwurf oder Antrag der Rechten unterstützt
wird. Auf Anträge und Einlassungen seitens der rechten Partei antwortet jeweils
nur ein*e Abgeordnete*r im Namen aller teilnehmenden Fraktionen, was ein
Verschieben der Debatte auf rechte Themen verhindert und den Übergang zur
Tagesordnung ermöglicht, jedoch die Äußerungen nicht unbeantwortet stehen lässt.
Zudem muss die Teilnahme an Diskussionsveranstaltungen durch demokratische
Politiker*innen verweigert werden, sofern auch Redner*innen der AfD auf dem
Podium sitzen. Übertragen auf die AfD bedeutete dies eine deutliche Abgrenzung
von rechter Politik, eine klare Haltung und ein solidarisches Zusammenstehen
aller Demokrat*innen gegenüber faschistischem Gedankengut.
Zivilgesellschaft gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit stärken
Aber nicht nur im Bereich der Politik, sondern auch auf der gesellschaftlichen
Ebene müssen die AfD und ihre Anhänger*innen zurückgedrängt werden. Es ist
ebenso wichtig, im Alltag Zivilcourage zu zeigen und klarzustellen, dass rechte
Hetze in einer freiheitlichen, demokratischen Gesellschaft keinen Platz hat. Um
das zu verstärken, muss politische Bildung und Demokratiebildung massiv
ausgebaut werden. Ebenso wichtig sind weitere Demonstrationen und Aktionen gegen
die Diskursverschiebung nach rechts und die Angriffe auf Menschen, die nicht ins
Weltbild der AfD passen. Gerade wichtige Verbände, die gegen Rassismus vorgehen,
klagen vermehrt über rechte Unterwanderungen. Auch hier muss deutlich Stellung
bezogen und Unterstützung angeboten werden. Zivile Demokratieförderprojekte,
Präventionsangebote, Bildungsangebote, oder Beratung von Opfern rechter Gewalt
sind häufig chronisch unterfinanziert und müssen in aufwendigen Verfahren
jährlich auf eine Verlängerung der Fördermittel hoffen.
Aber auch der Sozialstaat muss weiter gestärkt und systemimmanenter Rassismus
gezielt identifiziert und abgebaut werden. Es ist unabdinglich, dass mehr
Unterstützungsangebote für Betroffene rechter Hetze entstehen. Dass rechte
Angriffe auf Geflüchtete abgetan oder kleingeredet werden,
Kommunalpolitiker*innen bei Morddrohungen allein gelassen werden, selbst
eindeutig rechte Angriffe wie der Terroranschlag in Hanau als „nicht rechts“
eingestuft werden, weil der Täter nicht nachvollziehbar organisiert war, die
Verwicklung radikaler Rechter mit unseren Sicherheitsbehörden unter den Teppich
gekehrt wird – all das zeigt ein klares Versagen des Rechtsstaates, wenn es um
die Einhegung verfassungsfeindlicher Aktivitäten geht. Hier wünschen wir uns
eine deutlichere Stellung der staatlichen Stellen und eine Einrichtung
unabhängiger Untersuchungs- und Beschwerdestellen. Ebenso fordern wir die
garantierte Sicherheit derjenigen, die sich den Rechten in den Weg stellen – ob
das nun die Möglichkeit einer Verfolgung von Hetze und Drohschreiben oder gar
körperlicher Angriffe ist, der Schutz vor denselben, oder die klare moralische
Unterstützung der Betroffenen.
Wir alle sind gefragt. Beleidigungen, Drohungen, Verweigerung von Leistungen
oder einfach rassistische Äußerungen dürfen niemals unkommentiert in der Luft
stehen. Zivilcourage und klare Stellung gegen rechts sind das Gebot der Stunde.
Parteiverbot: Kein staatliches Geld und Strukturen für Faschist*innen
Das Verbot von Parteien sollte in einer demokratischen Gesellschaft immer mit
größter Vorsicht und als eines unter vielen Mitteln gegen demokratigefährdende,
menschenfeindliche und gewalttätige Organisationen angewandt werden.
Demokrat*innen dürfen zum Einen nicht der Verführung erliegen, ungeliebte
Mitbewerber*innen aus dem demokratischen System enfernen zu wollen. Sie dürfen
zudem nicht dem Glauben verfallen, dass Verbote faschistischer Parteien das
rechtsradikale Potential, das in der Gesellschaft weit verbreitet ist, ebenfalls
mit verbieten.
Die Alternative für Deutschland ist jedoch die erfolgreichste faschstische
Partei in der Bundesrepublik seit 1945. Die Partei und ihre Anhänger*innen sind
keine einfachen Mitbewerber*innen mit konservativen Positionen. Sie kämpfen mit
schlichtweg undemokratischen Mitteln um Diskurshoheit und politische Macht und
setzen sich für Ziele ein, die einer demokratischen, freiheitlichen,
rechtsstaatlichen und solidarischen Gesellschaft diametral widersprechen. Ihre
Programme und öffentlichen Äußerungen strotzen vor Nationalismus, faschistischer
Gesellschaftsvorstellungen und Menschenhass.
Viele Mitglieder unterstützen es, ihre Ziele durch Waffengewalt durchzusetzen.
Einige, wie Stephan E., haben es mutmaßlich bereits getan. Unterstützer*innen
beziehen sich offen auf die nationalsozialistische deutsche Vergangenheit. Auch
wenn die AfD noch weit davon entfernt ist, demokratische Strukturen der
Bundesrepublik zu zerstören, zeigt sich, welch gefährliches Potential in ihr
liegt.
Dieser Gefahr gilt es zu begegnen. Auf der Straße, im öffentlichen Diskurs und
auch auf rechtlichem Wege. Es gilt, sich immer wieder schützend vor vulnerable
Gruppen und Opfer von Hass und Rassismus zu stellen und diese zu unterstützen.
Dies kann uns aber bei weitem nicht reichen. Ein Verbot der faschistischen AfD
würde der extremen Rechten in Deutschland eine wichtige strukturelle Stütze
nehmen, unter deren Schutz und in deren Fahrwasser sich Strukturen gebildet
haben, die den Fortbestand demokratischer Strukturen und das Leben vieler
Menschen bedrohen.
Ebenso würde ein Verbot die staatliche Förderung der AfD beenden und ihren
Geldfluss versiegen lassen, was den Organisationsgrad antidemokratischer und
faschistischer Strukturen einhegen könnte. Es ist nicht erträglich, dass
öffentliche Gelder einer Partei zugutekommen, deren Mitglieder das Ziel
verfolgen, die Demokratie und die offene, pluralistische Gesellschaft abzubauen.
Warum ist Verfassungsrechtliches Verbot möglich
Wenn eine Partei nach ihren Zielen oder auch dem Verhalten ihrer Anhänger*innen
darauf ausgerichtet ist, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu
beschädigen oder abzuschaffen, ist sie verfassungswidrig. Nur die Äußerung
dieser Ideen reicht nicht aus; die Parteien müssen ihre negative Haltung
gegenüber der freiheitlich demokratischen Grundordnung aktiv vertreten. Es darf
außerdem nicht völlig ausgeschlossen sein, dass sie ihre verfassungsfeindlichen
Ziele erreichen können. Diese Bedingungen sehen wir bei der AfD erfüllt.
Die Grüne Jugend fordert:
- Die intensive Prüfung eines Antrags auf Verbot der Alternative für Deutschland
oder einzelner Gliederungen vor dem Bundesverfassungsgericht. Eine Partei, deren
Mitglieder aktiv an der Zerstörung einer demokratischen und pluralistischen
Gesellschaft mitwirken, gehört verboten.
- Eine vollständige Isolierung der Partei in den Parlamenten und Gremien auf
allen Ebenen: Unter keinen Umständen darf es politische Zusammenarbeit mit der
AfD und ihren Funktionär*innen geben. Ihr Einfluss auf das politische
Tagesgeschäft und den Diskurs muss gestoppt und jeder Erfolg verhindert werden.
- Die gezielte Förderung von Zivilcourage, Zurückdrängung auf gesellschaftlicher
Ebene durch fortgeführte Demonstrationen und Aktionen. Kein*e Sympathisant*in
der AfD sollte den Eindruck bekommen, dass Rassismus und Menschenfeindlichkeit
in der Gesellschaft einen Platz habe. Jeder Versuch, sich in Diskurs und Alltag
mit rechtem Gedankengut zu etablieren, sollte durch zivilgesellschaftliche
Akteur*innen verhindert werden.
- Die Unterstützung zivilen Widerstandes durch ein Demokratiefördergesetz. Wir
brauchen Bildungsangebote und Unterstützung für alle, die sich für Demokratie
und gegen Rassismus und rechte Ideen engagieren wollen.
- Mehr Unterstützung und Schutz für Betroffene rechter Gewalt. Kein Mensch
sollte sich bedroht oder allein gelassen fühlen, wenn er sich gegen rechts
engagiert oder von Rechten angegriffen wird.