Antrag: | Ein neuer finanzpolitischer Rahmen für Europa |
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Antragsteller*in: | Bundesvorstand (dort beschlossen am: 12.12.2022) |
Status: | Angenommen |
Verfahrensvorschlag: | Abstimmung als Globalalternative |
Eingereicht: | 13.12.2022, 15:13 |
V2 Global: Ein neuer finanzpolitischer Rahmen für Europa
Antragstext
Und mal wieder Krise.
Während Inflation, Kriege, Klimakatastrophe und schwelender Nationalismus unser aller Existenz bedrohen, kämpfen linke Kräfte oft gegen nationale Unterdrückung und für Befreiung ihrer Mitmenschen. Dabei sind diese Krisen nicht national zu bekämpfen, denn wir leben in einer kapitalistischen Weltordnung – die nicht an Grenzen halt macht.
Die Lösung für viele ist internationale Kooperation – und gerade in Europa lastet viel Hoffnung auf der Europäischen Union, dabei sind europäische Staaten durch handlungsunwillige Politik und willkürlich festgesetzte Schuldengrenzen gefesselt. Dazu kommen die bis heute spürbaren Folgen der Finanz- und Eurokrise sowie der zahlreichen wirtschaftspolitischen Fehler in den Jahren danach: Anstatt zu investieren, zwang sich die Eurozone zum Sparen.
Auch an der Griechenlandkrise, zu Zeiten der Syriza-Regierung, haben wir gesehen, dass nationale linke Bestrebungen bei Versuchen der Umverteilung zu sehr begrenzt werden. Und dies von einer Europäischen Union, die vor allem auf ihre eigene Währungsstabilität, statt dem guten Leben für Alle aus ist. Die Lösung der EU heißt zu oft: Kürzung der Löhne &Renten, statt höherer Besteuerung der Reichen & Großunternehmen. Die Frage einer gemeinsamen Schuldenaufnahme wird gerade auch von der deutschen Regierung immer wieder blockiert. Diese Politik, die kurzfristige Profitinteressen priorisiert, gefährdet am Ende auch den Zusammenhalt der Gesellschaft. Egal ob in Italien oder Frankreich: Immer wieder beobachten wir, wie rechte Kräfte die Verunsicherung und Enttäuschung der Menschen nutzen, um eine rückwärtsgewandte und nationale Politik populär werden zu lassen, was wiederum den Einsatz für grenzüberschreitende Solidarität und Menschenrechte immer wieder bedroht.
Klar ist: diese Europäische Union ist keine internationalistische Vereinigung. Gerade ihre Finanzen werden oft als zu restriktive Maßnahmen genutzt, statt gemeinsame Lösungen für gemeinsame Krisen zu finden. Und gerade mit Blick auf die Europawahl wird klar, in Europa läuft einiges schief: sei es bei den sozialen Themen, bei der finanziellen Verteilung von Mitteln oder der Abschottung an den Außengrenzen.
Das muss sich ändern. Wir setzen uns weiter ein für ein gerechteres, ökologisches und friedliches Europa, frei von nationalstaatlichen Grenzen . Ein Europa, in dem die Bedürfnisse der Menschen und nicht die Profitinteressen weniger im Mittelpunkt stehen und dessen Wohlstand nicht auf der Ausbeutung des globalen Südens beruht. Ein Europa, in dem gemeinsam demokratisch entschieden wird. Damit ist für uns klar, dass wir auch gemeinsam entscheiden, wie wir wirtschaften und wofür in der EU Geld ausgegeben wird.
Daher wollen wir auf eine stärkere europäische Zusammenarbeit setzen, die gemeinsame Lösungen für die vielen Krisen findet, in denen wir stecken. Und dabei werden wir viel Geld brauchen.
Es gibt sinnvolle politische Reformen, die es sich für dieses Ziel zu erkämpfen lohnt. Wir wollen das Race to the Bottom verhindern, welches dazu führt, dass Staaten sich in der Besteuerung von Kapital unterbieten und Arbeitsrechte abbauen, um attraktiv für Unternehmen zu bleiben.
Deswegen setzen wir uns für eine europäische Besteuerung von Unternehmen, hohen Vermögen und Kapitalerträgen ein.
Ein gemeinsamer europäischer Mindestlohn wäre ein wichtiger Schritt. Eine gemeinsame europäischen Arbeitslosenversicherung und eine europäischen Job- und Ausbildungsgarantie müssen der nächste Schritt sein.
Gerade die Deutsche Bundesregierung spielt oft keine gute Rolle, wenn es um Fragen europäischer Solidarität geht. Damals war es die Große Koalition, die Griechenland das Sparmandat aufdrückte und heute ist es die Ampel-Regierung, die die Lockerungen von Fiskalregeln auf EU- Ebene und eine gemeinsame Schuldenaufnahme bremst. Während wir richtigerweise 200 Milliarden Euro Schulden für den Gaspreisdeckel aufnehmen, fehlt auch aufgrund des Handelns der Bundesregierung eine Perspektive für andere EU-Länder.
Deswegen kämpfen wir sowohl für die Abschaffung der undemokratischen Schuldenbremse in Deutschland als auch für die Reform der Fiskalregeln in der EU. Aus der gescheiterten Austeritätspolitik zu lernen, heißt: Gerade wenn Länder in wirtschaftliche Krisen geraten, muss es ihnen ermöglicht werden, Schulden aufzunehmen, um zu investieren und eine sich verstetigende Rezession zu verhindern. Dabei soll sich nicht an Profitinteressen, sondern an den Bedürfnissen der Menschen orientiert werden. Dies bedeutet, dass Entscheidungen über eine gemeinsame europäische Finanzpolitik nicht mehr vom Markt diktiert, sondern gemeinsam demokratisch legitimiert werden müssen.
Auch die EU als politisches Projekt ist voller Widersprüche: der Einsatz für Demokratie und Menschenrechte auf der einen Seite und eine Wirtschaftspolitik, die für viele Menschen innerhalb und vor allem außerhalb der EU mit Unsicherheit, Armut und Ausbeutung verbunden ist.
Umso wichtiger ist es, dass wir uns diesen Fragen im nächsten Jahr widmen.
Wie können wir uns ein Zusammenleben frei von Grenzen vorstellen und was muss passieren, um Profitlogiken im europäischen und globalen Kontext zu überwinden?
Dafür wollen wir in verschiedensten Formaten, unter anderem dem Frühjahrskongress und dem internationalistischen Sommer von und miteinander lernen und diskutieren. Außerdem planen wir eine Fahrt ins EU- Ausland, in der wir uns mit Fragen von Austerität beschäftigen werden.
Denn auch wenn wir die EU an einigen Stellen kritisieren, so ist unser klares Ziel eingerechteres, ökologisches und friedliches Europa, frei von nationalstaatlichen Grenzen. Als überzeugte Europäer*innen kämpfen wir für ein besseres Europa für Alle. Finanz- & geldpolitische Hebel können hierbei nur ein Schritt von vielen sein, daher werden wir uns im Rahmen des nächsten Jahres vermehrt damit auseinandersetzen, wie ein Europa der Zukunft konkret aussehen kann.