Veranstaltung: | 1. Länderrat 2022 |
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Tagesordnungspunkt: | L aktuelle politische Lage |
Status: | Beschluss |
Beschluss durch: | 1. Länderrat 2022 |
Beschlossen am: | 16.07.2022 |
Eingereicht: | 19.07.2022, 09:57 |
Antragshistorie: | Version 1 |
Bundesweites ÖPNV Bürger*innenticket für 365€ im Jahr einführen - sozial gerechte Mobilitätswende stärken!
Beschlusstext
Das 9-Euro-Ticket ist schon in den ersten Wochen ein großer Erfolg.
Millionenfach gekaufte Tickets sind schon jetzt ein Beleg dafür, wie groß das
Potenzial ist, deutlich mehr Menschen fürs Bus- und Bahnfahren zu gewinnen, wenn
die Tickets bezahlbar und unkompliziert sind. Erste Befragungen und Auswertungen
von Daten untermauern dies: Bis zu 30 Prozent mehr Nutzer*innen im ÖPNV sind ein
deutlicher Zuwachs. Drei Monate machen zwar noch keine Mobilitätswende, aber man
kann aus ihnen lernen: Mit einem günstigen und attraktiven ÖPNV können wir das
Grundrecht auf Mobilität langfristig für mehr Menschen sichern und zugleich die
CO2-Emissionen endlich senken.
Allerhöchste Eisenbahn: Mobilitätswende heißt Klimaschutz
Und das ist auch dringend nötig: Der Verkehrssektor leistet weiterhin keinen
nennenswerten Beitrag für den Klimaschutz und reißt alle Klimaziele. Aufgrund
der Versäumnisse der letzten Jahre müssen die Treibhausgasemissionen bis zum
Jahr 2030 im Vergleich zum Jahr 2019 fast halbiert werden. Das ist nur mit einer
massiven Stärkung des öffentlichen Personen- und Nahverkehrs möglich. Und auch
der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine zeigt: eine Abhängigkeit von
russischem Öl und fossilen Energieträgern stützt Putin und muss deshalb endlich
beendet werden. Günstige Ticketangebote sowie gut ausgebaute Bus- und Bahnlinien
können dazu beitragen, dass Menschen das Auto stehen lassen und komplett
umsteigen – und somit nicht nur ihren Geldbeutel schonen, sondern auch
Ressourcen sparen.
Einstieg ermöglichen: Mehr gesellschaftliche Teilhabe!
Mobilität muss jedoch auch als zentrale Frage der gesellschaftlichen Teilhabe
gesehen werden. Manche Nutzer*innen des 9-Euro-Tickets können jetzt Fahrten
unternehmen, die sie sich sonst nie hätten leisten können. Nur wer mobil ist,
kann auch wirklich am gesellschaftlichen Leben teilnehmen. Alle Menschen haben
ein Recht darauf, mobil zu sein. Dieses Recht muss endlich verwirklicht werden.
Doch das Recht auf Mobilität ist mit günstigen Tickets allein noch nicht
umgesetzt: Die Realität ist, dass 55 Millionen Menschen in Deutschland keinen
ausreichenden Zugang zum Bus- und Bahn-Netz haben – vor allem in ländlichen
Regionen. Wo kein Bus fährt, kann auch nicht auf den ÖPNV umgestiegen werden.
Deswegen muss jedes Dorf ans Bus- oder Bahnnetz angeschlossen werden und die
Taktung auf allen Strecken und besonders deutlich im ländlichen Raum erhöht
werden. Darüber hinaus muss endlich ein flächendeckend barrierefreier Zugang zum
ÖPNV gewährleistet sein.
Preispolitik ist daher nur die halbe Miete: Ein nie dagewesener Ausbau von
Kapazitäten und Angeboten für Bus und Bahn ist unerlässlich für die Mobilität
der Zukunft. Dabei darf die Frage, auch aus finanzieller Perspektive, nicht
"entweder oder" lauten, sondern das 9€-Ticket und ein massiver und
barrierefreier Ausbau des ÖPNV müssen zusammen gedacht und umgesetzt werden!
Dazu gehört es auch, im Fernverkehr Angebote auszubauen und zu erhöhen und
Preise drastisch zu senken.
Anschluss nicht verpassen: 9-Euro-Ticket verlängern
Angesichts all dieser Herausforderungen, Chancen und Handlungsnotwendigkeiten
wäre es ein fataler Schritt in die völlig falsche Richtung wieder zum
vorherigen, schlechten Status quo zurückzukehren. Das können und dürfen wir uns
nicht leisten!Das 9-Euro-Ticket muss nun als Türöffner für das dringend
überfällige Umsteuern in der Verkehrspolitik genutzt werden. Alle
Regierungsparteien und Verantwortungsträger*innen von Bundesregierung über
Landesregierungen zu Kommunen, über Verkehrsbetriebe bis hin zu den
Verkehrsverbünden sind hier in der Pflicht.
Deshalb fordern wir:
- Günstiger: Die dauerhafte Einführung des 9€-Tickets statt überteuerten
Monatstickets und Einzelfahrscheinen.
- Einfacher: Die Gültigkeit des Tickets in ganz Deutschland statt des
herrschenden Tarifdschungels.
- Öfter: Milliarden-Investitionen in Bus und Bahn statt Stilllegung und
Wegrationalisierung.
Heute die Weichen für Morgen stellen
Mehr Mobilität, mehr Klimaschutz, Transformation der Wirtschaft, zukunftsfähige
und grüne Jobs machen diese Investitionen in jedem Fall wert. Doch um all diese
Projekte zu finanzieren, muss endlich Schluss mit klimaschädlichen Subventionen
sein. Die Abschaffung des Dieselprivilegs, des Dienstwagenprivilegs und die
lange überfällige Besteuerung von Kerosin würden ausreichen, um sowohl ein
langfristig günstiges Ticket, als auch einen massiven Ausbau des ÖPNV-Netzes zu
finanzieren – und helfen uns gleichzeitig dabei, die Klimakrise aufzuhalten.
Doch auch weitere Finanzierungsquellen wie Umlage von Mitteln vom Straßenausbau
und der Parkplatzsubventionierung in den Städten hin zu Fahrrad- und
Schienennetz sowie aus der LKW-Maut können ihren Teil zur Finanzierung
beitragen.All dieses Geld ist dringend notwendig für die Mobilitätswende.
Auch die Gelder, die die Länder vom Bund bekommen, welche dann an die lokalen
und regionalen Verkehrsunternehmen weitergeleitet werden, (sogenannte
Regionalisierungsmittel) müssen drastisch und zeitnah erhöht werden. Nur so wird
eine nachhaltige Finanzierung des ÖPNVs möglich. Für die Unterstützung der
lokalen und regionalen Verkehrsunternehmen ist dies zwingend erforderlich, da
sie bereits heute hoch defizitär agieren und deren Verlustgeschäft meist durch
kommunale Haushalte ausgeglichen wird. Eine weitere Belastung ist nicht
zumutbar, da ansonsten Verkehrsleistungen eingestellt werden müssten, was der
Mobilitätswende aufs Tiefste zuwiderläuft.
Die letzten Monate haben gezeigt, dass es nie an Geld, sondern vor allem an
politischem Willen und den entsprechenden Mehrheiten mangelt. Für alle bisher in
der öffentlichen Debatte eingebrachten Konzepten für ein einfaches, dauerhaftes,
bundesweit gültiges und günstigeres Ticket wie das 9€-Ticket, vergünstigte
Klima- und Umwelttickets oder ein 365€-Jahresticket gilt es festzuhalten, dass
diese finanzierbar und umsetzbar sind. Mit diesem Antrag legen wir ein konkretes
Konzept vor, die Milliardeninvestitionen in Bus und Bahn und ein dauerhaftes 9-
Euro-Ticket umgesetzt werden kann - während klimaschädliche Subventionen endlich
drastisch reduziert werden müssen.
Vollgas für die Mobilitätswende: Jetzt handeln!
Der Bedarf nach günstiger und unkomplizierter Mobilität für alle ist da.
Ticketloser, kostenfreier ÖPNV ist in greifbarer Nähe und bleibt für uns
weiterhin zentrales Instrument, um das Grundrecht auf Mobilität zu
gewährleisten. Dies bleibt unser langfristiges Ziel und hierzu müssen erste
Modellprojekte auf den Weg gebracht werden. Die dafür nötigen Mittel sind
innerhalb des Verkehrssektors längst vorhanden – sie werden bisher allerdings
für ineffizienten Individualverkehr verschwendet. Wir haben also alles, was es
braucht für die sozialgerechte Mobilität der Zukunft – es fehlen nur noch die
entsprechenden Gesetze. Wir können und dürfen nicht länger warten.