Veranstaltung: | 58. Bundeskongress |
---|---|
Tagesordnungspunkt: | V Weitere Anträge |
Antragsteller*in: | Marlen Drechsler |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 26.09.2024, 22:53 |
V-7: Ausbeutung von Minderjährigen stoppen - gesetzlichen Mindestlohn auch für Jugendliche!
Antragstext
Der Mindestlohn verfehlt sein Ziel, diejenigen vor Ausbeutung zu schützen, die
am häufigsten davon betroffen sind. Deshalb muss §22MiLoG weg!
Laut §22 MiLoG sind Jugendliche, also Personen ab 15 und unter 18, nicht
Arbeitnehmer*innen denen Mindestlohn zusteht. Und das gilt unabhängig davon
welche Beschäftigungsform diese ausüben. Das gilt für Minijobber*innen,
Praktikant*innen, aber auch Jugendliche in Teilzeitbeschäftigung. Solange diese
Jugendlichen keine abgeschlossene Berufsausbildung haben werden sie vom Gesetz
als Arbeiter*innen zweiter Klasse bewertet, die den Mindestlohn nicht verdient
haben. Das Gesetz beschließt nahezu willkürlich welche Gruppen den Mindestlohn
verdient haben und welche nicht. Am meisten davon diskriminiert werden
Jugendliche und junge Erwachsene.
Laut dem Gesetzgeber war 2014 die Begründung dafür, dass Jugendliche nicht mit
Mindestlohn bezahlt werden sollen, da Bezahlung mit Mindestlohn einen Anreiz
bieten würde keine Berufsausbildung oder ein Studium zu beginnen. Eine
fadenscheinige Ausrede, denn was hier wirklich zutage tritt ist, dass der Lohn
nicht danach bemessen wird, was die Arbeit wert ist, sondern danach was das
mindeste ist mit dem man durchkommt.
Darüber hinaus besagt dieser Artikel des Gesetzes außerdem, dass
Praktikant*innen, die dieses Praktikum als Pflichtbestandteil ihres
Studiums/ihrer Ausbildung absolvieren, dieses ebenfalls nicht per Mindestlohn
vergütet bekommen müssen. Selbiges gilt, wenn das Praktikum zur
Berufsorientierung dient und/oder weniger als 3 Monate andauert. Die
Begründungen dafür sind aus der Luft gegriffen und die Praxis zeigt:
Praktikant*innen werden als billige Arbeitskräfte missbraucht.
Das Berufsausbildunggesetz legt die Mindestvergütung für einen Auszubildenden im
1. Lehrjahr 2023 für 620€ an. Bei der Erhöhung dieser Mindestvergütung gilt,
dass diese mindestsens den Maximalen Lohn einer Minijobber*in überschreiten muss
um einen Anreiz zu bieten eine Berufsausbildung zu beginnen. Dabei ist 620€ im
Monat für 40-Wochen, wie sie etwa in handwerklichen Ausbildung üblich sind, die
pure Ausbeutung.
Das solche Zustände politisch hingenommen werden muss enden.
Deshalb fordern wir als GRÜNE JUGEND:
- der Geltungsbereich des Mindestlohns soll auch auf Personen unter 18
ausgeweitet werden.
- der Paragraf zur Mindestvergütung im Berufsbildungsgesetz soll so
geändert, dass bereits Auszubildende mit mindestens dem gesetzlichen
Mindestlohn vergütet werden.
- Praktikant*innen, insbesondere solche, die ein Praktikum als Pflichtteil
ihres Studiums/Ausbildung absolvieren müssen, sollen mindestens mit dem
gesetzlichen Mindestlohn vergütet werden.
Ohne diese Forderungen bleibt das Mindestlohngesetz unrechtmäßig ungerecht oder
um es in den Worten das Bundesverfassungsgericht: unverhältnismäßig ungleiche
Behandlung von Gleichem.
Begründung
Der gesetzliche Mindestlohn verfolgt die klare Aufgabe Arbeitnehmer*innen vor Ausbeutung und Dumpinglöhnen zu schützen. Eine davon am häufigsten betroffene Gruppe sind Berufseinsteiger*innen, also vorrangig junge Menschen, oft schon bevor sie eine fertige Berufsausbildung haben und bevor sie das 18. Lebensjahr erreichen. Wenn der Mindestlohn also diese Gruppen nicht umfasst, dann scheitert er am selbsterklärten Ziel. Er lässt Jugendliche in Arbeit schutzlos zurück und erlaubt systematische Ausbeutung.
Die Koalition aus CDU, CSU und SPD begründeten 2014 die Entscheidung, den gesetzlichen Mindestlohn nicht für Jugendliche gelten zu lassen damit, dass diese keine Anreize in der Erwerbstätigkeit sehen sollen, die dazu führen keine Berufsausbildung oder einen höheren Bildungsweg anzustreben. Diese Begründung scheitert schon alleine darin, dass mit der aktuellen Vergütung Auszubildende im ersten Lehrjahr 620 € als Mindestentgelt erhalten (§17 BBiG). Das ist also auch kein Anreiz für Jugendliche eine Berufsausbildung zu beginnen, das erklärte Ziel wird damit nicht erreicht. Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung bestätigt, dass es keine Anzeichen dafür gibt, dass die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns die Entscheidung eine Berufsausbildung zu beginnen beeinflusst.
Darüber hinaus erscheint es unglaubwürdig, dass Jugendliche, deren Sorgen sich ebenso um den Lebenserhalt (also Miete, Strom, Essen, etc.) drehen, einen Karriereweg einschlagen, bei dem sie bereits mit 16 sich Vollzeit auf Mindestlohnbasis beschäftigen lassen. In der Regel treten Jugendliche so früh in die Beschäftigung ein, weil sie sich erhoffen durch ihren Lohn etwas ermöglichen zu können (soziale Teilhabe, eine Reise, Führerschein, etc.).
Es gibt keinen einzigen Ansatz zu erklären, warum der Mindestlohn nicht für Jugendliche, Praktikant*innen oder auch Azubi*s gilt. Übrig bleibt nur zu glauben, dass es sich hierbei um eine Möglichkeit handelt junge Arbeitnehmer*innen auszubeuten. Anders bleibt auch nicht zu erklären, warum in der Arbeit einer 18-jährigen Person und einer 17-jährigen Person ein so zentraler Unterschied bestünde, dass diese nicht das gleiche Entgelt erhalten dürfen. Wieder einmal, wie so oft, ist nicht die Qualität der Arbeit entscheidend, sondern schlicht der Fakt, dass der Staat hier den Schutz einer sozial schwachen Gruppen nicht schützt und damit in seiner Aufgabe versagt, zu Gunsten der Wirtschaft und denen, die es sich leisten können.