erfolgt mündlich
Antrag: | Müll mich nicht voll! |
---|---|
Antragsteller*in: | Frodewin Brumshagen |
Status: | Behandelt |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 12.11.2018, 22:58 |
Antrag: | Müll mich nicht voll! |
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Antragsteller*in: | Frodewin Brumshagen |
Status: | Behandelt |
Verfahrensvorschlag: | Übernahme |
Eingereicht: | 12.11.2018, 22:58 |
erhöhtes Aufkommen potentiell tödlicher Krankheiten wie Krebs, hormonelle Veränderungen, mit Schwermetallen vergiftete Böden und Gewässer. Insbesondere für Elektro- und Elektronikschrott hat sich eine diffuse, intransparente Praxis etabliert, deren Auswirkungen in Guiyu (China) und Accra (Ghana) zu sehen sind. Die Komplexität der Geräte entwickelt sich rasant steigend. Wir fordern daher ein verbessertes, den fortlaufenden Veränderungen angepasstes Recycling- und Entsorgungskonzept für Elektro- und Elektronikschrott, welches Hersteller*innen und Inverkehrbringer*innen stärker einbindet, keinen Missbrauch von Sachspenden (Second-Hand-Ware) zulässt und für eine erhöhte Transparenz der Materialströme und Recyclingprozesse sorgt.
Insgesamt gibt es jährlich in Deutschland über 300 Mio. t Abfälle. 60% davon
sind Bau- und Abbruchabfälle, etwa 14% kommen direkt aus den Haushalten.
Grundlage der Abfallwirtschaft ist das Kreislaufwirtschaftsgesetz in
Deutschland, dessen oberstes Ziel ist, Maßnahmen auszuwählen, die Schutz von
Mensch und Umwelt garantieren. Es legt fest, dass Hersteller*innen für ihren
Abfall verantwortlich sind und soll Anreize schaffen, langlebige Produkte
herzustellen und Abfall zu vermeiden, indem es eine Abfallhierarchie erstellt.
Vorrang hat die Vermeidung von Abfällen. Fällt Abfall an, soll dieser
wiederverwendet werden. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn bei Altreifen das
Profil nachgeschnitzt wird und die Reifen wieder so verwendet werden können. Ist
das nicht möglich, soll Abfall stofflich wiederverwertet, also recycelt werden.
Beim Beispiel Reifen wird dann das Granulat zur neuen Reifenherstellung
genommen. Die niedrigere Verwertung ist die energetische, was nichts anderes
bedeutet, als dass der Müll verbrannt wird. Die letzte Stufe ist dann die
Deponierung.
Als Abfälle gelten im Sinne des KrWG alle beweglichen Dinge, deren sich ihr*e
Besitzer*in entledigen will oder muss. Indem er*sie sie zur Entsorgung
bereitstellt, übergibt er*sie die Abfälle der kommunalen Entsorgungseinrichtung,
die sie einsammelt. Dies geschieht fraktioniert, also getrennt in die sechs
durch die Abfallverzeichnisverordnung unterschiedenen Abfallarten, die sich
wiederum in 842 Abfallsorten untergliedern. [2]
In Haushalten in Deutschland müssen seit 2015 Papier, Glas, Kunststoffe und
Bioabfälle getrennt gesammelt werden, um diese besser zu verwerten. Danach folgt
die Sortierung in verfahrenstechnischen Anlagen oder auch händisch. Je nach
Anlage wird dabei eine Positiv- oder Negativsortierung vorgenommen. Ersteres
dient einer feingliedrigeren Fraktionierung zur sortenreineren Verwertung,
letzteres lediglich dem Entfernen von Störstoffen. [3]
Die so getrennten Fraktionen werden dann abhängig von ihren Eigenschaften
verfahrenstechnisch aufgearbeitet: Papier wird entfärbt und kann neu als Pulpe*1
eingesetzt werden, Kunststoffe werden verpresst und neu geformt, etc.
Abfälle, die nicht auf diese Weise stofflich weitergenutzt (recycelt) werden
können, können unter Umständen energetisch verwertet werden. Dies bedeutet in
den meisten Fällen eine sogenannte Thermische Verwertung, sprich Pyrolysierung*2
und Verbrennung oder Vergasung. Alle anderen müssen zur sicheren Ablagerung
vorbereitet werden.
Hierbei müssen grundsätzlich umweltschutztechnische Bestimmungen (u.a.
Bundesimmissionsschutzverordnung) Anwendung finden. Bei Vergasungs- und
Verbrennungsprozessen unvermeidlich entstehende Schadstoffe wie Dioxine und
Furane, Stickoxide und Schwefelverbindungen müssen mittels Rauchgasreinigung
abgeschieden werden. Schadstoffe, die sich in der Asche oder Schlacke befinden,
müssen ausgewaschen oder immobilisiert werden, bevor die Reststoffe als
Baustoffe verfüllt oder - abhängig von ihrer Gefahrstoffklassifizierung extra
gesichert, über- oder untertage - deponiert werden.
Abfall als Rohstoff
Insbesondere aus Abfällen wie Elektronikschrott oder auch Klärschlamm, die “für
sich genommen” nicht mehr komplett stofflich verwertet werden können, sind
häufig wertvolle Rohstoffe enthalten, die zurückgewonnen werden sollten. Dies
gilt z.B. für Seltene Erden, aber auch für Phosphor, der aus Klärschlamm
wiedergewonnen werden kann.
Weiterhin können auch biologische Abfälle in einigen Fällen besser stofflich
genutzt werden als durch industrielle Kompostierung. So können aus
landwirtschaftlichen Produktionsabfällen mit vergleichsweise geringem Aufwand
Bodenverbesserungsstoffe gewonnen werden.
Die GRÜNE Jugend fordert, hier in die Erforschung und Entwicklung neuer energie-
und ressourceneffizienter Technologien zu investieren.
Plastikmüll
Plastikmüll ist eins der größten Probleme unserer Zeit. Zwischen 2000 und 2016
ist der Verbrauch von Kunststoffverpackungen um 74% gestiegen. Inzwischen
verbrauchen wir pro Kopf 37 Kilo Plastikverpackungen im Jahr und sogar insgesamt
11,8 Mio. t Kunststoffe. damit ist Deutschland Spitzenreiter in Europa. Davon
wird nicht einmal die Hälfte dem Recycling zugeführt. Plastik braucht
Jahrhunderte um abgebaut zu werden.
Mindestens 150 Millionen Tonnen Plastikabfall werden im Meer vermutet. Der
sogenannte „Great Pacific Garbage Patch“, ein riesiger Müllkontinent, wurde 1997
entdeckt und hat die Größe von Mitteleuropa. Derzeit werden 311 Millionen Tonnen
Plastik pro Jahr produziert. Davon besteht ein knappes Drittel aus Produkten,
die weniger als fünf Minuten genutzt werden – Wegwerfbecher, Einwegbesteck,
Styroporschalen und etliches mehr. Durchschnittlich treiben 18000
Plastikmüllpartikel pro Quadratmeter Meeresoberfläche. In der Nordsee kann das
Plastikaufkommen und das Zusammentreffen mit Arten durch tot an Stränden
aufgefundene Eissturmvögel gemessen werden. Seit Beginn der Untersuchungen
wurden in ca. 95% der Mägen von aufgefundenen Eissturmvögeln Plastik gefunden,
bis heute in 60% mehr als 0,1 Gramm. In der OSPAR-Konvention von 2008 hatte man
sich auf ein Maximum von 10% verständigt.
Beim Recycling von Plastik gibt es einige Probleme. So kann die Sortierung der
Kunststoffe nicht in alle Sorten stattfinden und finden sich verpackungsfremde
Elemente in der Sortieranlage, zum Beispiel Verschmutzungen, andere Stoffe aus
Verbundwerkstoffen oder Fehlsortierungen. Wenn Plastik in den Restmüll entsorgt
wird, wird dieser nicht zusätzlich wieder abgetrennt, sondern wandert mit in die
Müllverbrennung.
Ein weiteres Problem ist, dass immer mehr Gemische verwendet werden, welche
schlecht oder nicht getrennt werden (können).
Insgesamt gibt es immer 15-30% Verluste bei der Aufbereitung und Verwertung von
Kunststoffverpackungen. Plastik kann nicht beliebig oft recycelt werden, da es
sich technisch nicht beliebig oft einschmelzen lässt und die Qualität sinkt. Es
rechnet sich betriebswirtschaftlich oft mehr, neues Plastik herzustellen, als
welches zu verwerten. Deshalb sind bei der Verarbeitung von Kunststoffen fast
90% Neuware, also werden direkt aus Rohstoffen hergestellt, nur 12% sind
recyceltes Material.
Biologisch abbaubares (kompostierbares) Plastik kann auch nur Teil einer Lösung
sein, da dieses in Müllsortieranlagen nicht abgetrennt werden kann und meist
auch nur unter bestimmten Bedingungen abbaubar ist, die im großen Maßstab
unseres Abfallverwertungssystems nicht gegeben sind.
Daher muss der Plastikverbrauch insgesamt verringert werden. Die GRÜNE JUGEND
begrüßt Vorstöße wie die der EU, bestimmte Einmalprodukte aus Plastik zu
verbieten. Allerdings geht uns das noch nicht weit genug. Um den
Plastikverbrauch zu senken, ist ein Mix aus vielfältigen Instrumenten nötig.
Anreizsysteme für Plastikvermeidung müssen geschaffen werden. Auch kleine
Bausteine wie Kennzeichnungen von Bio-Produkten direkt auf Gemüse und Obst, die
Plastik vermeiden, begrüßen wir. Angelehnt an dem Konzept der Unverpackt-Läden
wollen wir das Lebensmittelrecht so verändern, dass Kund*innen überall Boxen zum
Transport ihres Einkaufs mitbringen können.
Aber auch das Recycling an sich muss verbessert werden. Wir wollen
Wegwerfplastik an sich abschaffen. Die Mehrwegquote in Getränkemärkten muss bis
2030 95% betragen. Einweggetränkeverpackungen sollen mit einer entsprechenden
Abgabe für Einpreisung belegt werden. Erdöl zur Produktion von Kunststoffen ist
derzeit unbesteuert, was einer Subvention von rund 780 Millionen Euro
entspricht. Wir fordern zudem eine Plastiksteuer und ein Verbot von Mikroplastik
in Kosmetika.
Desweiteren fordern wir eine Normierung von Kunststoffen, sodass es für
grundlegende Anwendungen und Fertigungsverfahren natürlich verschiedene Arten
von Kunststoff gibt, aber eben auch nicht beliebig viele. Eine Markierung soll
dabei helfen, diese gut voneinander zu unterscheiden und sortenrein recyceln zu
können.
Abfallexporte
Das Problem des immer mehr werdenden Mülls ist eindeutig ein globales Problem.
Früher oder später landet alles in der Umwelt, und vor allem leider dort, wo
Mensch und Umwelt sich am wenigsten gut dagegen schützen können. Giftige
Industrieabfälle, Elektroschrott und klimaschädliche Gase lassen sich nicht so
einfach recyceln wie der tägliche Papiermüll. Die Folgen sind weitreichend:
erhöhtes Aufkommen potentiell tödlicher Krankheiten wie Krebs, hormonelle
Veränderungen, mit Schwermetallen vergiftete Böden und Gewässer. Insbesondere für Elektro- und Elektronikschrott hat sich eine diffuse, intransparente Praxis etabliert, deren Auswirkungen in Guiyu (China) und Accra (Ghana) zu sehen sind. Die Komplexität der Geräte entwickelt sich rasant steigend. Wir fordern daher ein verbessertes, den fortlaufenden Veränderungen angepasstes Recycling- und Entsorgungskonzept für Elektro- und Elektronikschrott, welches Hersteller*innen und Inverkehrbringer*innen stärker einbindet, keinen Missbrauch von Sachspenden (Second-Hand-Ware) zulässt und für eine erhöhte Transparenz der Materialströme und Recyclingprozesse sorgt.
Langlebige organische Schadstoffe, die als POPs (persistent organic pollutants)
[4] zusammengefasst werden, sind, global gesehen, derzeit eine wahre Katastrophe
der Industrie. Sie verbreiten sich weitläufig, reichern sich in Lebewesen an und
sind schwer abbaubar. Die berüchtigten Substanzen finden sich in Pflanzen,
Tieren und natürlich auch uns Menschen. Neben Giftanreicherungen ist auch
Elektroschrott ein wesentliches Umweltproblem. Der Müll aus Europa – alte
Handys, Computer und Fernseher – verseucht u.a. in Ghana, China und Indien [5]
die Böden weit über die jeweiligen Grenzwerte, zum Beispiel mit Blei, Kadmium,
chlorierten Dioxinen und anderen hochgiftigen Chemikalien und ist dort ebenfalls
eine besondere Gefahr für die Gesundheit der Menschen.
56 Prozent aller Plastikabfälle weltweit landeten bis Anfang des Jahres am Ende
via Schiff in China [6]. Zu den größten Exporteuren von unsortiertem Plastikmüll
gehören die USA und Japan; Deutschland und Großbritannien sind ebenfalls weit
vorn dabei. Allein die EU-Mitgliedsstaaten exportieren 87 Prozent aller
Plastikabfälle nach China. Die chinesische Regierung hat diesem Unterfangen nun
einen Riegel vorgeschoben und ein Plastikmüll Einfuhrstopp für 24
Recyclingmaterialen bewirkt. Nun hat die hiesige Plastikmüllindustrie ein
Problem – sie wissen nicht wohin mit dem ganzen Müll.
Zusammenfassung
Der Umgang unserer Gesellschaft mit Müll steht stellvertretend für die Ignoranz
wachsender Externalisierungsgesellschaften den natürlichen Grenzen unseres
Planeten und seiner Bewohner*innen gegenüber. Wir brauchen eine Reduktion des
gesamten Müllaufkommens seitens Erzeuger*innen und Verbraucher*innen. Hierzu
braucht es einen Bewusstseinswandel aller Beteiligten, den wir fördern möchten.
Recycling ahmt nach, was in der Natur selbstverständlich ist: geschlossene
Kreisläufe. Wir Menschen entnehmen für unsere Zwecke permanent Rohstoffe, die
wir dann unter hohem Energieeinsatz verarbeiten und anschließend im
schlechtesten Falle einfach wegwerfen - die genutzten Rohstoffe sowie die Graue
Energie (d.i. die Menge an Energie, die von der Gewinnung der Rohstoffe über die
Fertigung und Nutzung des Produktes dafür gebraucht wurde) gehen verloren. Das
müssen wir ändern!
Für ein besseres Recycling müssen aber die bestehenden Systeme noch technisch
verbessert werden. Zeitgleich braucht es eine bessere Implementierung des
Trennungssystems.
Trotz guter Methoden der Trennung und des Recyclings in Deutschland wird aber
insgesamt zu wenig wiederverwertet. Abfall insgesamt muss also vermieden werden.
Die GRÜNE JUGEND kritisiert, dass es Quoten für Recycling gibt (bei
Kunststoffverpackungen sind das zum Beispiel 36%), aber nur qualitative Vorgaben
für Abfallvermeidung, wie sie im Abfallvermeidungsprogramm stehen. Ohne feste
Quoten kann auch nicht kontrolliert werden, ob Ziele erreicht werden und
Ressourcen geschont werden. Gleichzeitig muss aber darauf geachtet werden, dass
Mensch und Umwelt geschützt werden. Die Menge des Abfalls muss endlich wirksam
reduziert werden und dazu braucht es starke Instrumente der Politik!
*1: Als Pulpe bezeichnet man allgemein Breie auf Basis faseriger Stoffe und
Wasser, z.B. in der Papierherstellung.
*2: Pyrolyse beschreibt die thermochemische Zersetzung (organischer) Moleküle.
Zu deutsch: Erhitzen der Stoffe bis zum Bindungsbruch.
erfolgt mündlich
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